Beziehungen und Netzwerke sind laut der Studie ein wichtiger Faktor für die Besetzung von Führungspositionen.

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Starke Persönlichkeiten werden aktuell für Führungspositionen gesucht – so weit, so verständlich. Allerdings sind Diversitätskriterien offenbar weit in den Hintergrund gerückt. Im Rahmen des aktuellen Leadership Pulse Survey hat das Beratungsunternehmen Deloitte rund 180 heimische Führungskräfte befragt, auf welcher Basis sie Besetzungsentscheidungen für Top-Positionen treffen. Das Ergebnis: In der Krise werden vor allem Kandidaten mit Persönlichkeit gesucht. In Bezug auf Kontaktnetzwerke ist die Meinung ambivalent: 60 Prozent der Befragten halten Netzwerke im Allgemeinen bei der Besetzung von Führungspositionen für wichtig.

Im eigenen Unternehmen messen sie diesem Faktor allerdings mit 26 Prozent eine geringere Bedeutung bei. Wichtiger ist ihnen hier nach eigenen Angaben die fachliche Kompetenz sowie die Führungserfahrung. "Wenn Top-Jobs im eigenen Unternehmen vergeben werden, zählen bei der Auswahl vor allem Persönlichkeit und das fachliche Know-how der Bewerber. Beziehungen und Kontaktnetzwerke spielen eine untergeordnete Rolle", erklärt Gudrun Heidenreich-Pérez, Director bei Deloitte Österreich. "Im Umfeld nehmen die Befragten noch immer wahr, dass Vitamin B ein Besetzungsfaktor ist, im eigenen Unternehmen wird das nicht so gesehen. Die eigene Objektivität wird oft überschätzt."

Die Kluft bleibt

Laut der Studie wurden in den vergangenen drei Jahren Führungspositionen vorwiegend männlich besetzt. Lediglich rund ein Drittel gibt an, dass auf der Top-Ebene in der Covid-19-Krise ein ausgewogenes Verhältnis zwischen weiblichen und männlichen Besetzungen herrscht.

"Hinsichtlich Geschlechtergleichstellung besteht eindeutig Handlungsbedarf. Es liegt primär in der Verantwortung der Führungsebene, Diversität in der Unternehmenskultur zu etablieren. Mehr Diversität wirkt sich nachweislich positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen aus", sagt Heidenreich-Pérez.

Da fehlt es noch

Allerdings zeigt sich auch in dieser Befragung: Ein Drittel der befragten Unternehmen in Österreich hat (noch) keine bewussten Maßnahmen zur Förderung von Diversität eingeführt. 28 Prozent setzen auf strukturierte Verfahren und Methoden, um die Objektivität zu erhöhen. 27 Prozent wollen mit Sensibilisierung und internen Schulungen Führungskräfte auf Inclusive Leadership aufmerksam machen. Knapp zwei Drittel meinen demnach, dass Führungskräfte im Arbeitsalltag "bereit für Veränderungen und offen für Neues" sein sollten. "Um neue Wege zu bestreiten und Veränderungen voranzutreiben, braucht es Mut, Experimentierfreude sowie die Bereitschaft, alte Gewohnheiten und Denkmuster hinter sich zu lassen", sagt die Deloitte-Expertin. Risikobereitschaft sei bei Führungskräften aber am wenigsten gefragt.

Die Beurteilung der zwischenmenschlichen Fähigkeiten wird als besonders herausfordernd wahrgenommen. Wie Bewerber am liebsten ausgesucht werden, ist laut der Umfrage jedoch recht eindeutig: Jobinterviews sind die bevorzugte Auswahlmethode, gefolgt von Hearings im Rahmen der Endauswahl und der Einholung von Referenzen. (Karin Bauer, 20.9.2021)