Sich gegen Covid-19 impfen zu lassen ist zumutbar, argumentiert das Arbeitsministerium. Deshalb drohen Sperren beim Arbeitslosengeld, wenn sich Arbeitslose nur wegen einer verlangten Impfung nicht um eine Stelle bewerben.

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Wien/Linz – Dass Jobsuchende eine via Arbeitsmarktservice (AMS) vermittelte zumutbare Stelle nicht ablehnen können – DER STANDARD berichtete hier zuerst –, wenn der Arbeitgeber eine Covid-19-Schutzimpfung verlangt, sorgt weiter für Aufregung. "In den letzten Wochen hat man immer mehr den Eindruck bekommen, dass Arbeitsminister Kocher ein klares Feindbild hat – die Arbeitslosen", kritisierte am Freitag der oberösterreichische Arbeiterkammer-Präsident Johann Kalliauer.

Er warne davor, "die Entscheidung über die Einschränkung von Menschenrechten für Arbeitslose privaten Unternehmen zu überlassen", so Kalliauer. "Das Ministerium soll endlich für klare Regeln sorgen."

Die Kritik an Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) hielt auch am Freitag an.
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Kritik aus Freiheitlicher Wirtschaft

Kritik kommt auch vom Bundesobmann der Freiheitlichen Wirtschaft, Matthias Krenn – wobei er die Bedeutung der Corona-Impfung für die Überwindung der Pandemie betont. "Das breite und mittlerweile niederschwellig verfügbare Impfangebot ist ein wichtiger Baustein, damit die wirtschaftliche Erholung auch im Herbst und Winter ungebrochen weitergehen kann", so Krenn. Allerdings brauche es eine Wahlfreiheit.

Mit Blick auf den Arbeitsmarkt befürchtet Krenn, dass eine "direkte oder indirekte Impfpflicht" in vielen Betrieben zu einer Personalfluktuation führen könnte, die die Betriebsfähigkeit einschränken oder gänzlich gefährden würde.

Kocher äußerte sich

Wobei Arbeitsminister Kocher (ÖVP) bereits Donnerstagnachmittag im Zuge der laufenden Diskussion auf Twitter noch einmal Stellung genommen hat: "Es muss immer verhältnismäßig und sachgerecht sein. Aber wenn ein AG jemanden ohne Impfung nicht einstellen möchte, gibt es ja in der Regel auch keine Sanktion für den AN."

Weiters hieß es aus dem Arbeitsministerium: "Ein sanktionierbares Vorstellungsgespräch kann im Einzelfall bei Personen vorliegen, die insbesondere im Gesundheits- bzw. Pflegebereich eine Beschäftigung suchen und dem Arbeitgeber zu erkennen geben, dass sie – ohne Vorliegen von nachweislichen, individuellen gesundheitlichen Gründen – nicht bereit sind, sich gegen COVID-19 impfen zu lassen.

Arbeitsrechtlich gibt es keine Unterscheidung zwischen "zumutbaren" und "nicht zumutbaren" Impfungen. Die Entscheidung, welche Impfungen für den Arbeitsantritt vorausgesetzt werden, obliegt dem Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin. Grundsätzlich gilt: Eine Beschäftigung ist im Regelfall auch dann zumutbar, wenn vom Arbeitgeber eine Impfung verlangt wird, sofern bei der betreffenden Person keine nachweislichen gesundheitlichen Gründe vorliegen, die eine Impfung ausschließen." (APA, 17.9.2021)