Auf der Jobplattform sollen gezielt Frauen angesprochen werden, aber nicht ausschließlich.

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Gesucht: eine Geschäftsbereichsleiterin im Kundenservice der Wien Energie, eine Head of UX-Research bei Runtastic oder eine Kommunikationsleiterin bei Google. Die Stelleninserate zieren Icons, die verdeutlichen, dass man als Frau mit Entwicklungsmöglichkeiten, eigenen Netzwerken und Mentorings rechnen kann oder dass der Betrieb Eltern oder Pflegekarenz unterstützt und Diversity- und Inklusionsziele hat.

Vor allem Frauen und insbesondere Millennials, die Chefin werden wollen, sollen diese Jobs ansprechen – so das Ziel der neuen Jobplattform The Female Factor. Anfang September haben Mahdis Gharaei und Tanja Sternbauer, die Gründerinnen des gleichnamigen Karrierenetzwerks, ihr neues Projekt gestartet.

Doch wieso braucht es eine Plattform nur für Frauen? "Weil es die noch nicht gibt und weil wir damit den Gender-Leadership-Gap schließen wollen", sagt Gharaei. Der Pool an Frauen, die sich eine Führungsposition zutrauen, werde nicht ausgeschöpft. Viele Frauen wollten Unternehmen, die auf ihre Bedürfnisse eingehen, aber nur wenige Firmen sprächen sie an. Andererseits sagten Unternehmen, sie fänden keine passenden Bewerberinnen.

Alle angesprochen

Gerade KMUs täten sich im Vergleich zu Firmen wie Google schwer, sich mit ihrer Arbeitgebermarke bei Jungen zu positionieren. "Sie haben vielleicht kein auffallendes Marketing, setzen sich aber sehr für Gleichberechtigung ein", sagt Gharaei. Daher funktioniere die Jobsuche auf ihrer Seite ein wenig anders: "Anstatt eine Firma im Hinterkopf zu haben, schaut man hier: Was ist mein idealer Arbeitsplatz, und wer bietet mir das?" Mit ihrer Plattform wollen sie die beiden Seiten verbinden.

Nur weil Frauen angesprochen werden, heiße das aber nicht, dass sich die Plattform nur an sie richte, betont Gharaei. Alle würden angesprochen. Zum Beispiel Männer, die länger in Elternzeit gehen wollen, können nach familienfreundlichen Firmen suchen, die eine Väterkarenz unterstützen. Umso relevanter seien deshalb die 15 Kriterien, nach denen die Jobs geprüft werden – etwa ob es Diversitäts- und Inklusionsziele, eine familienfreundliche Firmenpolitik und Aufstiegschancen für Frauen gibt; oder inklusive Wortwahl und Bildsprache auf allen Kommunikationskanälen sowie einen Frauenanteil von 25 Prozent im Führungsteam. 80 von 150 Punkten muss ein Unternehmen erreichen, um gelistet zu werden. Etwa 35 Prozent von 220 Unternehmen konnten nicht gelistet werden.

"Es ist uns wichtig, dass das kein Pinkwashing ist und man netterweise bei uns listet, sondern dass die Unternehmen das tatsächlich ernst meinen", sagt Gharaei, die sich die Führung mit ihrer Co-Gründerin teilt. Konkrete Zahlen, welche Kriterien für die Jobsuchenden besonders wichtig sind und letztlich zur Bewerbung führen, gebe es so kurz nach dem Start noch nicht, räumt Gharaei ein. Aber: "Laut Studien sind Diversität im Führungsteam, Entwicklungsmöglichkeiten und Vereinbarkeit sowie orts- und zeitunabhängiges Arbeiten ausschlaggebend."

Produkt noch nicht perfekt

Künftig sollen die Kriterien für die Jobs auf Menschen mit Behinderung ausgeweitet werden. Auch Bewertungsplattformen wie Kununu will The Female Factor künftig verknüpfen. Ebenso müssten noch die Usability, Ladezeiten oder das Handling für die Unternehmen verbessert werden. "Die Plattform ist noch alles andere als perfekt", gibt Gharaei zu. Das nahmen die Gründerinnen in Kauf, als in nur zwei Monaten die Jobplattform umgesetzt wurde: "Wir sehen uns als typische Start-upperinnen, die ein Produkt, das noch ein bisschen fehleranfällig ist, auf dem Markt testen und dann weiterentwickeln." Man wolle so auch gegen den Perfektionismus, den insbesondere viele Frauen an den Tag legen, ankämpfen. (set, 22.9.2021)