Auf den ersten Blick retro, in Wirklichkeit aber leider nicht überzeugend.

Foto: STANDARD/Mickey Manakas

Modernste Technologien im Gehäuse einer einst legendären analogen Spiegelreflexkamera: Mit der Z fc scheint Nikon diesen Traum mancher Nostalgiker verwirklichen zu wollen. Belichtungs- und ISO-Werte lassen sich über physische Rädchen auf der Oberseite des Geräts einstellen, das Kipp- und schwenkbare Display kann gänzlich verborgen werden – oder aber, man greift auf die heutzutage klassischen PSAM-Optionen zurück. Klar ist, dass Nutzer auf Wunsch ein sehr puristisches Erlebnis geboten werden soll. Daraus ein rundes Paket zu machen, klingt nicht einfach. DER STANDARD hat die Z fc deshalb auf Herz und Nieren getestet, um herauszufinden, ob sie in der Praxis überzeugen kann.

Eine wichtige Information vorab: Wer unbearbeitete Beispielfotos (JPEG und Raw) im Detail betrachten will, sei auf den zugehörigen Google-Drive-Ordner verwiesen, wo einige zusätzliche Aufnahmen zu finden sind. Beispielvideos können aufgrund der Dateigrößen leider nicht hochgeladen werden.

Wie schon der Name vermuten lässt, handelt es sich bei der Z fc um den jüngsten Zuwachs der spiegellosen Z-Familie. Zu dieser gehören die großen Vollformat-Geschwister Z6 und Z7, aber auch die technisch ebenbürtige Z50. In Letzterer, aber auch unserem Testgerät steckt nämlich ein 21-Megapixel-Sensor im APS-C-Format. Die elektronischen Sucher und rückseitigen Displays teilen unterdessen dieselbe Auflösung.

Außen neu, innen altbekannt

Wirkliche Unterschiede lassen sich – auch nach genauem Scan des Datenblatts – nur im Design finden. Immerhin scheint dank diesem sofort klar zu sein, wen man mit dem jeweiligen Modell ansprechen will. Wer seine analoge Vergangenheit endlich ins digitale Zeitalter mitschleppen möchte, greift zur Z fc, alle anderen zur Z50.

Foto: STANDARD/Mickey Manakas

In Wirklichkeit ist es leider gar nicht so einfach. Denn während die Erstgenannte bei flüchtiger Betrachtung tatsächlich der ikonischen FM2 zu gleichen scheint, schwindet die Vorfreude umso schneller, sobald man sie in den Händen hält. Ja, man findet tatsächlich die gewohnten physischen Einstellräder für Belichtungszeit und ISO-Werte. Und richtig, auch der Formfaktor ähnelt dank spiegelloser Technologien dem analogen Vorbild. Allerdings scheinen die Produktdesigner nicht in der Lage gewesen zu sein, sich auch wirklich auf dieses interessante Konzept einzulassen. Denn neben den erwähnten Bedienelementen sind Ober- und Rückseite übersät mit zahlreichen Hebeln, Rädchen und Knöpfen, die man von herkömmlichen Digitalkameras kennt.

Das soll vermutlich die Nutzung vereinfachen und beschleunigen, nervt in Wirklichkeit jedoch massiv – und zerstört vor allem den wirklich schönen Retro-Look der Kamera, die schon nach kurzer Nutzung eher überladen als einladend wirkt.

Gar nicht mal so retro

Möchte man nicht im Automatik-Modus fotografieren, befindet man sich deshalb schnell in der Bredouille. Muss ich das analog anmutende Belichtungsrad drehen? Oder doch lieber das Bedienrad auf der Rückseite? Und was ist mit der Blende? Diese Fragen kann man anfangs nur vage beantworten, denn ein schlüssiges Konzept scheint es einfach nicht zu geben. Es ist zudem rätselhaft, warum man 2021 statt eines rückseitigen Joysticks noch immer ein Steuerkreuz und dedizierte Tasten für das Hinein- und Hinauszoomen in der Bildvorschau benötigen sollte.

Dass sich die Kamera trotz Magnesiumlegierung beizeiten ein bisschen wie teures Plastikspielzeug anfühlt, ist im Vergleich dazu sogar verzeihbar.

Foto: STANDARD/Mickey Manakas

Zumindest auf technischer Ebene muss ich trotz allem eine Lanze für die Z fc brechen. Nikon bietet seinen Kunden hervorragende Sensoren und mit dem Z-Mount eine bisher zwar kleine, aber sehenswerte Objektivauswahl. Das ist einerseits eine Stärke, andererseits mitunter die größte Schwäche des Geräts. Doch dazu später mehr. Die Bilder sind scharf, die Farben des Nikon-Algorithmus naturgetreu, die Raw-Dateien machen einem die Nachbearbeitung mit Lightroom einfach. Obwohl nur ein APS-C-Sensor verbaut ist, kann man problemlos mit ISO 1600 und auch 3200 fotografieren, ohne Bildrauschen in einem unumkehrbaren Ausmaß befürchten zu müssen.

Das hybride Autofokussystem, bestehend aus Phasen- und Kontrastautofokus, war im gesamten Testzeitraum zuverlässig, schnell und präzise. Einzig beim Fotografieren durch die verdreckte Windschutzscheibe eines Autos musste der gewählte Fokuspunkt verkleinert werden, damit er das gewünschte Subjekt auch tatsächlich anvisiert.

Der verbaute Oled-Sucher ist mit seinen 2,36 Millionen Bildpunkten bei einer 100-prozentigen Bildabdeckung und 1,02-facher Vergrößerung zwar keine Offenbarung, reicht aber durchaus für ein solides Erlebnis aus. Das rückseitige Display ist dreh- und schwenkbar und löst mit 1,04 Millionen Pixeln auf. Bei einer Größe von drei Zoll kann man diesen selbst tagsüber und in sonnigen Situationen auslesen.

Zwar hat Nikon die Z fc auch mit Videofunktionen wie 4K mit 30 FPS und Full-HD mit maximal 120 FPS ausgestattet, der Fokus liegt aber klarerweise auf der Fotografie. Das zeigt sich allein an der Tatsache, dass kein In-Body-Bildstabilisator (IBIS) mit an Bord ist. Aus der Hand zu filmen wird dadurch für die meisten also ein Ding der Unmöglichkeit.

Foto: STANDARD/Mickey Manakas

Fazit

Bei einem Preis von derzeit etwa 900 Euro bietet die Nikon Z fc ein durchwachsenes Paket. Das Designkonzept wirkt nicht durchdacht und inkonsequent, die Verarbeitung gemessen am Preis nicht hochwertig genug. Trotz allem können sich die Bilddateien sehen lassen, immerhin wurde der (vermutlich) gleiche Sensor verbaut wie in der schon 2019 erschienenen Z50. Es stellt sich allerdings die Frage, für wen sie tatsächlich die richtige Wahl sein soll. Immerhin konzentrierte man sich auf keine spezifische Stärke.

Hinzu kommt, dass die Objektivauswahl für den Z-Mount zwar hochwertig, aber gleichzeitig sehr klein ist. Speziell die Suche nach hochwertigen Optiken, die für das APS-C-Format hergestellt werden, ist schwierig. Früher oder später ist man deshalb gezwungen, zu Vollformat-Optiken zu greifen. Das macht das System nicht nur groß und schwer, sondern auch unnötig teuer.

Wer trotz allem im Nikon-Ökosystem bleiben will, sollte sich also gut überlegen, ob er sich der versuchten Hommage an analoge Zeiten hingibt oder lieber ein Auge auf die inzwischen deutlich günstigere Z50 wirft. Andererseits kann man mit etwas Glück und Geduld auch die Z5, also das Einstiegsmodell in der Vollformat-Klasse, für etwas mehr als 1000 Euro finden.

Wirklich zu begeistern weiß die neueste Schöpfung nämlich leider nicht. Stattdessen wirkt es, als wollte Nikon das puristische Erlebnis analoger Fotografie vermitteln – um in der Umsetzung alle dafür wichtigen Elemente zu vergessen. (Mickey Manakas, 19.9.2021)