Eigentlich hätte der Wahlkampf in Deutschland alles, was ein Gassenhauer braucht. Erst durchkreuzt ein Virus Millionen von Lebensplänen, dann erinnert ein Hochwasser die Deutschen mitten in den Ferien an die Klimakatastrophe. Und gleich drei Parteien kämpfen Kopf an Kopf um die Chance, die Probleme an vorderster Front anzugehen.

Wahlplakate der deutschen Kanzlerkandidaten Olaf Scholz Armin Laschet und der Kandidatin Annalena Baerbock.
Foto: EPA/Constantin Zinn

Nur das Publikum gibt sich bisher gänzlich unbeeindruckt von diesem Wettstreit der Ideen, der nun in seinen letzten Akt geht. 43 Prozent finden den Wahlkampf eine Woche vor der Bundestagswahl in einer Yougov-Umfrage "langweilig", nur vier halten ihn für "äußerst spannend".

Angesichts der vielen Krisen, die unser Nachbarland zurzeit durchlebt, vermag dies zu verstören. Es mag stimmen, dass die Protagonisten den einen oder anderen Wunsch über lassen, was Charisma betrifft. Olaf Scholz ist eben kein Gerhard Schröder, Annalena Baerbock nicht Joschka Fischer, und Armin Laschet wird in diesem Leben kein Markus Söder mehr, der mit markigen Sprüchen das Bierzelt bei Laune hält.

Und doch war noch selten zuvor vor einer Wahl so vieles möglich wie jetzt. Nicht nur werden viele junge Deutsche erfahren, dass Angela Merkel im Kanzleramt kein Naturgesetz ist. Die Fragen, wie das größte EU-Land mit dem Klima umgeht und was mit der Wirtschaft passiert, wenn Corona noch länger bleibt, werden auch unser Leben prägen. Die Antworten geben die Deutschen. Wenn das nicht spannend ist, was sonst? (Florian Niederndorfer, 17.9.2021)