Die Vermüllung der Welt betreffend (im Bild eine Mülldeponie in Lusaka), täte eine Rückkehr zu alten Praktiken der Kreislaufwirtschaft gut.

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Zuletzt war es unser Wäschetrockner, der nach nur drei Jahren den Geist aufgab. Bei diesem "speziellen" Problem sei es zu teuer, das Gerät zu reparieren, ich solle mir doch ein neues kaufen, meinte der Techniker, und weg war er. Mein Apple-iPad wiederum ist neun Jahre alt, funktioniert einwandfrei, aber vom Hersteller gebe es keine Software-Updates mehr, und damit sei das Ding unbrauchbar. Die Geschichte meiner Drucker erspare ich Ihnen, denn Sie kennen das Problem, oder? Die letzte Reise meines Trockners zum Mistplatz der Stadt war deprimierend. Elektronische Geräte aller Art, Waschmaschinen, Fernseher, Computerbildschirme türmen sich. Viele sind noch voll funktionstüchtig. Elektroschrott ist die am schnellsten wachsende Müllkategorie der Welt, über 50 Millionen Tonnen fallen jährlich an, und nur 15 bis 20 Prozent werden recycelt.

Mittelalter

Auch wenn uns Politiker warnen, wir dürften bei der Ökologisierung der Märkte nicht in die Vergangenheit oder gar in die "Steinzeit" zurückkehren, bin ich vom Gegenteil überzeugt. Auf jeden Fall die Vermüllung der Welt betreffend, täte eine Rückkehr zu alten Praktiken der Kreislaufwirtschaft gut. Nehmen wir zum Beispiel das Mittelalter, das uns in diesen Belangen weit überlegen war. Die deutsche Historikerin Annette Kehnel hat in ihrem Buch Wir konnten auch anders – Eine kurze Geschichte der Nachhaltigkeit auch herausgearbeitet, was wir punkto Reparaturkultur und ressourcenschonenden Wirtschaftens von unseren Vorfahren lernen können. Und wussten Sie, dass das Wort "Abfall" als Bezeichnung für nicht wiederverwertbaren Rest erst Anfang des 20. Jahrhunderts in den Wörterbüchern auftauchte?

Die Menschen des Mittelalters wären wohl sehr verwundert gewesen, hätten sie gewusst, dass ihre Nachkommen in einer fernen Zukunft Produkte mit eingebauten Fehlern herstellen, damit diese schneller kaputtgehen, oder sie so bauen, damit nur noch der Hersteller sie reparieren kann. Dass Bürgerinnen und Bürger einmal für das "Recht auf Reparatur" und gegen die geplante Obsoleszenz kämpfen würden, hätten sie nicht verstanden.

Nach jahrelangen Kampagnen von Reparaturinitiativen aus ganz Europa, wie der Plattform Repair.eu, kommt endlich Bewegung in die Sache. Die erste EU-Verordnung vom Frühjahr ist noch etwas zaghaft, um nicht zu sagen durch das Lobbying der Industrie verwässert, umso mehr braucht es jetzt Druck aus der Öffentlichkeit.

Altes Rom

In den USA gehen mittlerweile sogar die Landwirte auf die Barrikaden, denn Hersteller von Landmaschinen, wie John Deere, haben begonnen, ihre Traktoren mit Software auszustatten, die jegliche Selbstreparatur verhindert. Eine erste Direktive von Präsident Joe Biden vom Juli 2021 in Bezug auf das "right to repair" geht deutlich weiter als jene der EU.

Zurück in die Geschichte: Im alten Rom musste sich ein Baumeister nach Fertigstellung einer Brücke unter ebendiese stellen. Hielt sie den Fuhrwerken, Reitern und Fußvolk nicht stand, trug er selbst die tragischen Konsequenzen. Das will heute natürlich keiner. Wenn die Konzernchefs aber wenigstens den Elektroschrott zurücknehmen müssten, den sie durch ihre Produktionsweise verursachen, wäre schon viel gewonnen. Zurück in die Vergangenheit muss eben nicht immer Rückschritt bedeuten. (Philippe Narval, 20.9.2021)