Die EU hat zwei Möglichkeiten: weiter von der Politik im Weißen Haus abhängig sein oder sich zu emanzipieren.

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Vor etwa drei Monaten hat US-Präsident Joe Biden auf seiner Europareise jenen die Hand gereicht, die Vorgänger Donald Trump mit seiner "America first"-Politik vergrault hatte. EU, Nato, G7, sie alle sollten wieder gemeinsam mit den USA jene Herausforderungen meistern, die die Welt für sie parat hält, hieß es damals. Ein Vierteljahr später ist aber klar: Europa ist Biden im Zweifelsfall völlig egal. Es zeichnete sich schon in Afghanistan ab, als er ein Datum für den Truppenabzug definierte und die europäischen Länder notgedrungen nachziehen mussten. Nun ist das Kapitel Afghanistan für die USA zu Ende, während Europa daran arbeiten muss, Fluchtbewegungen in seine Richtung zu verhindern.

Brüskiertes Frankreich

Eine richtige Partnerschaft sieht anders aus, das belegt nun auch der Aukus-Deal. Das Indopazifik-Sicherheitsbündnis zwischen den USA, Großbritannien und Australien, um China im Zaum zu halten, brüskiert vor allem Frankreich aufgrund des geplatzten Milliarden-U-Boot-Deals. Doch auch die EU wurde überrascht, wie der Außenbeauftragte Josep Borrell zugab.

Abhängigkeit oder Emanzipation

Nun gibt es für die EU zwei Möglichkeiten, darauf zu reagieren: weiter von der Politik im Weißen Haus abhängig sein. Oder sich emanzipieren und außenpolitisch selbstständig werden. Doch dafür müssen die EU-Mitgliedsstaaten auch Kompetenzen an Brüssel abgeben, etwa in Sachen Streitkräfte. Es liegt also an Berlin, Paris, Rom und Co. Will man in Zukunft in Sachen Weltpolitik mitreden, ist die Wahl klar. (Kim Son Hoang, 19.9.2021)