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Olaf Scholz in Erklärungsnot.

Foto: REUTERS/Michele Tantussi

Olaf Scholz – langweilig und berechenbar? Zu Beginn der letzten Wahlkampfwoche strafte der SPD-Kanzlerkandidat und Finanzminister all jene Lügen, die so von ihm denken.

Eigentlich hätte er am Montag drei Wahlkampftermine in Baden-Württemberg wahrnehmen und sich nur per Video in den Finanzausschuss des Bundestags zuschalten lassen wollen. Dorthin, in eine Sondersitzung, war er von Grünen, FDP und Linken zitiert worden.

Sie begehrten Auskunft über jene Razzia, die vor zehn Tagen im deutschen Finanzministerium stattgefunden hatte. Hintergrund sind Ermittlungen gegen Mitarbeiter der FIU (Financial Intelligence Unit), einer Anti-Geldwäsche-Spezialeinheit des Zolls, die dem Ministerium von Scholz zugeordnet ist.

Doch dann sagte Scholz zwei Termine im Ländle ab und erschien überraschend doch persönlich vor dem Finanzausschuss. Offensichtlich wollte er sich nicht vorwerfen lassen, lieber Wahlkampf zu betreiben, als für Transparenz zu sorgen. Das hatte ihm die Union nämlich vorgeworfen.

Für Scholz erweist sich die Causa auf den letzten Wahlkampfmetern als unangenehm, zumal die politischen Gegner sie am Köcheln halten. So macht etwa FDP-Finanzexperte Florian Toncar Scholz für einen "rechtsfreien Raum bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität" verantwortlich.

Die Osnabrücker Staatsanwaltschaft ist der Meinung, FIU-Mitarbeiter hätten Hinweise von Banken auf Terrorfinanzierung nicht rechtzeitig an Justiz und Polizei weitergeleitet. Daher wollten die Ermittler Unterlagen aus dem roten Justiz- und Finanzressort einsehen, darunter E-Mails zwischen FIU und Finanzministerium sowie Korrespondenz der beiden Ministerien.

Anfrage hätte gereicht

Scholz hatte auf die Razzia verschnupft reagiert und erklärt, die von einem CDU-Mann geleitete Staatsanwaltschaft hätte ja einfach im Ministerium anfragen können.

Im Ausschuss verteidigte er die Arbeit der FIU. Diese habe erst nach seiner Amtsübernahme von Vorgänger Wolfgang Schäuble (CDU) im Jahr 2018 "die besten Jahre" gehabt. Scholz: "Wir haben mehr hingekriegt in den letzten drei Jahren als in den letzten 30 Jahren."

Damals habe die Behörde 100 Mitarbeiter gehabt, derzeit seien es 500, demnächst werde die Zahl auf 700 anwachsen. Zudem gebe es nun eine moderne IT-Infrastruktur, das Meldeaufkommen sei von 50.000 auf 150.000 gestiegen.

41 Prozent für Scholz

Darauf hatte Scholz auch schon in den TV-Triellen hingewiesen. Das dritte und letzte fand am Sonntag statt, erneut standen sich Scholz sowie Armin Laschet (CDU) und Annalena Baerbock (Grüne) gegenüber.

Dabei waren aufschlussreiche Lagerbildungen zu beobachten. Beim Thema "Soziales" zeigten Baerbock und Scholz, dass sie durchaus miteinander könnten, beide machten sich für die Erhöhung des Mindestlohns von 9,50 auf zwölf Euro stark.

Scholz erklärte zudem, er wolle das zur Bedingung für eine Koalition unter seiner Führung machen. "Da bleibt nur Rot-Rot-Grün", hakte Laschet ein, der die Vereinbarung von Löhnen lieber den Tarifparteien überlassen will. "Mir geht es um die Würde der Bürgerinnen und Bürger – das unterscheidet uns beide vermutlich", antwortete Scholz Richtung Laschet.

Baerbock machte auch deutlich, dass Grüne und SPD steuerpolitisch gut zusammenpassten. Beide würden "identisch" vorschlagen, dass Reiche etwas abtreten sollten. Beim Klimaschutz allerdings warf Baerbock beiden Versäumnisse vor.

Sie wirkte befreiter als bei den ersten beiden Triellen, Laschet war nicht mehr so angriffslustig, sondern eher staatsmännisch, Scholz kam etwas weniger steif rüber.

Eine Blitzumfrage von Forsa kurz danach brachte keinen neuen Trend: Wieder hatte Scholz die Nase vorne. Auch diesmal sahen ihn 42 Prozent der Zuseherinnen und Zuseher als Sieger des Triells. 27 fanden, Laschet habe den Schlagabtausch gewonnen, 25 Prozent waren der Meinung, am besten sei Baerbock ausgestiegen. (Birgit Baumann aus Berlin, 20.9.2021)