Der "nicht geimpfte" FP-Chef sieht keine "Impfrebellion" in seiner Partei: "Eine Impfung ist und bleibt eine höchstpersönliche Entscheidung."

Foto: APA/Herbert Neubauer

Herbert Kickls Einsatz gegen die Covid-Impfung strapaziert merkbar schon die Nerven einiger Mitbewerber und -bewerberinnen. Zuletzt war es Elisabeth Köstinger, die ihrem Ärger freien Lauf ließ: "Ohne die Anti-Impf-Propaganda der FPÖ wäre die Impfquote in Österreich höher, und wir könnten weitere Lockerungsschritte wie etwa in Dänemark durchführen", ärgerte sich vergangene Woche die türkise Tourismus- und Landwirtschaftsministerin in einer Aussendung. Die Freiheitliche Partei verbreite "wider besseren Wissens (sic) Fake-News". Gleichzeitig, das suggerierte Köstinger hier auch, trage sie eine Mitschuld an der hiesigen Impfquote, die seit Wochen grob ins Stocken geraten ist.

Die Ministerin forderte Herbert Kickl im Speziellen dazu auf, "durchsichtige Parteimanöver" zu beenden. Schließlich repräsentiert tatsächlich niemand auf politischer Bühne so sehr den Widerstand gegen die Corona-Impfkampagne der Regierung wie der FPÖ-Chef höchstpersönlich. Diese bezeichnete er schon einmal als "Experiment", mit denen "gesunde Österreicher zu Versuchskaninchen gemacht werden" würden. Auch an bereits widerlegten Behauptungen über die Wirksamkeit der – inzwischen milliardenfach eingesetzten – Impfungen hält er weiter fest. Die von Kickl präferierte Präventionsmaßnahme: Vitaminpräparate, Grüner Tee oder viel Bewegung an der frischen Luft.

Geimpfte Blaue

Umso größer fiel der Spott am Montag aus, nachdem die Kronen Zeitung berichtet hatte, dass sämtliche freiheitliche Granden vom Chef abwärts weit weniger skeptisch seien als eben dieser: der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp, mit ihm alle blauen Landtagsabgeordneten im Rathaus, Partei-Urgestein und EU-Mandatar Harald Vilimsky plus die anderen EU-Parlamentarier, Ex-Staatssekretär Hubert Fuchs, Nationalratskollege Martin Graf und überhaupt der Großteil der FPÖ-Parlamentarierinnen und -Parlamentarier sowie -Landesspitzen – sie alle seien nach Informationen der Zeitung geimpft. Zugeben würden dies die "freiheitlichen Impf-Revoluzzer, die dann doch lieber echten Medizinern vertrauen", allerdings "nur hinter vorgehaltener Hand", schreibt die Krone weiter.

Einzig Harald Vilimsky habe offen zugegeben, sich bereits beide Stiche geholt zu haben. Er sei "selbst ein kleines Opfer des indirekten Impfzwangs durch meine vielen Auslandsreisen", gab der ehemalige Generalsekretär demnach als Begründung an. Gegen die Parteilinie sei das nicht zu verstehen: "Die FPÖ ist für die Wahlfreiheit", zitiert die Krone Vilimsky. Die grüne Konkurrenz griff den Bericht umgehend auf: Gesundheitssprecher Ralph Schallmeiner verlautbarte, er fühle sich an den Filmklassiker Kevin – Allein zu Haus erinnert. ÖVP-Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler kommentierte das so: Kickl manövriere sich nicht nur europaweit, sondern "auch in seiner eigenen Partei in die Isolation".

Auf blauer Seite hielt man sich am Montag weitgehend bedeckt. Im Fall von Norbert Hofer war der Impfstatus zu dem Zeitpunkt bereits benannt: Der ehemalige FPÖ-Chef, der vergangenen November selbst an Covid-19 erkrankt war, hatte vergangenen Freitag auf dem Nachrichtendienst Twitter bekanntgegeben, dass er geimpft sei. Er wehre sich zwar dagegen, ungeimpfte Personen zu stigmatisieren. Aber er sei "aufgrund der Faktenlage davon überzeugt, dass eine Impfung schützt".

FPÖ: "Keine Rebellion"

Damit hat sich der Dritte Nationalratspräsident klar gegen den radikalen Kurs seines Nachfolgers Kickl gestellt. Der oberösterreichische FPÖ-Obmann Manfred Haimbuchner, der sich nach einer Corona-Infektion zeitweise in Lebensgefahr befand, bestritt in der Vergangenheit ebenfalls nicht die Schutzwirkung der Impfung selbst – auch wenn er ihren Einsatz als "Gamechanger" der Pandemie in einem Standard-Interview in Zweifel zog. Zudem befinden sich nach Haimbuchners Darstellung keineswegs nur Impfgegnerinnen und -gegner unter den Freiheitlichen. Herbert Kickl reagierte am Montag auf Facebook: Wenn sich freiheitliche Politiker impfen lassen, sei dies "keine Rebellion", sondern "eine höchstpersönliche Entscheidung".

Dementi und rechtliche Schritte

Meldungen über eine "Impf-Revolte" innerhalb der FPÖ seien jedenfalls "hanebüchen und frei erfunden", teilte am Montag der freiheitliche Generalsekretär Michael Schnedlitz in einer Aussendung mit. Es gehe weder Kurz und Co noch irgendein Medium etwas an, ob eine Person in unserem Land geimpft sei oder nicht.

Zumindest dass es der oberste blaue Impfgegner selbst nicht sei, darauf legt der FPÖ-Chef Wert: Nachdem der PR-Stratege und Herausgeber des Gourmetmagazins Falstaff, Wolfgang Rosam, in der Oe24-Fellner! Live -Sendung vergangene Woche in den Raum gestellt – oder präziser: das Gerücht wiedergegeben– hatte, wonach Kickl insgeheim schon längst seinen Impftermin absolviert habe, kündigte dieser rechtliche Schritte an. Er habe einen Anwalt mit einer Unterlassungsklage gegen Rosam beauftragt. Und Kickl betonte: "Ich bin nicht geimpft."

"Massiv ehrenrührig und kreditschädigend"

Die Klage auf Unterlassung, Widerruf und Veröffentlichung wurde beim Handelsgericht Wien eingebracht. Darin heißt es, Rosams Äußerung sei so auszulegen, dass der FPÖ-Chef "in der Öffentlichkeit, im Speziellen gegenüber seinen Wählern, und gegenüber Medien verschweige, dass er sich gegen COVID-19 habe impfen lassen". Problem sei nicht Rosams Vorwurf, der Kläger sei womöglich geimpft, sondern die damit "transportierte Tatsachenbehauptung des Beklagten, dass der Kläger Wähler und Öffentlichkeit in einer ganz wesentlichen Frage wissentlich belüge".

Rosams Aussagen über Kickl seien "massiv ehrenrührig und kreditschädigend". Als "PR-Profi" habe er genau gewusst, dass er Gerüchte – "noch dazu ohne jede Quelle" – verbreitet habe. "Dem Beklagten geht es darum, den Kläger als unglaubwürdig zu stigmatisieren." Rosam habe vorsätzlich Tatsachen verbreitet, "deren Unwahrheit er auch kannte bzw. kennen musste". Kickl begehrt daher einen Widerruf und dessen Veröffentlichung in der gleichen Form wie die inkriminierte Behauptung – nämlich in der Sendung "FELLNER Live!" sowohl im Internet als auch im TV. (Anna Giulia Fink, APA, 20.9.2021)