Im europäischen Vergleich hinkt die Schweiz bei der Ehe für alle noch hinterher.

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Bern – Am kommenden Sonntag stimmen die Eidgenossen über zwei Vorlagen ab. Die "99%-Initiative" setzt sich für eine höhere Besteuerung der reichsten Schweizer ein. Reelle Chancen auf eine Annahme bestehen nicht. Anders sieht es bei der "Ehe für alle" aus: Die Befürworter können getrost "den Champagner kaltstellen", berichten Schweizer Medien.

Der Wahlspruch der Jungsozialisten (Juso) für ihre Abstimmungsvorlage: "Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern". Der Hintergrund: das reichste Prozent der Bewohner der Schweiz besitzt rund 40 Prozent der Vermögen. Das ist auch im internationalen Vergleich eine sehr ungleiche Verteilung.

Umfragen: Steuerinitiative chancenlos

Glaubt man den jüngsten Umfragen, ist die Steuerinitiative chancenlos. Die Analysten des Forschungsinstituts gfs.bern kommen zum Schluss, dass die Initiative wohl aus "ideologischen" Gründen auf so viel Ablehnung stoße: Rot-Grün findet sehr viel Gefallen daran, doch das bürgerliche Lager lege zu einer Steuervorlage der Jungsozialisten beinahe schon reflexartig ein Nein in die Urne.

Hinzu kommt, dass die Wirtschaftsverbände gegen die Vorlage sind. Economiesuisse, der Dachverband der Schweizer Wirtschaft, sieht gar die kleinen und mittleren Unternehmen – das Rückgrat der Schweizer Wirtschaft – in Gefahr. Vor Wochenfrist lag die Zustimmung für die Initiative laut gfs.bern nur noch bei 37 Prozent.

Schweiz hinkt bei Ehe für alle hinterher

Ganz anders sieht es aus bei der Ehe für alle. 63 Prozent sprachen sich zuletzt dafür aus und 35 Prozent dagegen. Der Stadt-Land-Unterschied zwischen Befürwortern und Gegnern bricht kaum auf und Frauen sind aufgeschlossener als Männer. Stattdessen gibt es einen Generationen- sowie einen parteipolitischen und konfessionellen Graben: die Freikirchler und die Basis der nationalkonservativen Volkspartei (SVP) stemmen sich gegen die Vorlage, obwohl die Argumente der Gegner laut den Schweizer Medien zuletzt auch in die politische Mitte gesickert sind.

Laut der Politologin Martina Mousson liefert "die Frage der Regenbogenfamilien Stoff für Diskussionen". Sollen gleichgeschlechtliche Paare künftig Kinder adoptieren oder per Samenspende zeugen dürfen, lauten einige davon.

Bei der Ehe für alle hinkt die Schweiz im europäischen Vergleich hinterher. Die Niederlande haben laut dem Tages-Anzeiger bereits 2001 ein entsprechendes Gesetz verabschiedet. 2019 ebnete Österreich den Weg für gleichgeschlechtliche Ehen. (APA, 21.9.2021)