Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) verkündete am Dienstag schärfere Corona-Maßnahmen für die Bundeshaupstadt.

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Wien – Die Bundeshauptstadt setzt ihren Kurs fort, strengere Maßnahmen gegen das Coronavirus zu verhängen, als der bundesweit geltende Mindestrahmen vorgibt. Nach Beratungen mit Experten verkündete Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) am Dienstag für Wien daher folgende Vorschriften, die ab 1. Oktober und vorerst für einen Monat gelten werden:

In der Nachtgastronomie müssen alle Kundinnen und Kunden entweder geimpft oder genesen sein (2G-Regel). Für das Personal gilt das ebenso, zusätzlich ist bei Mitarbeitern der Nachtgastronomie aber auch der Nachweis eines negativen PCR-Test-Ergebnisses möglich. Michael Ludwig nannte dies die "2,5G-Regel". Man wolle Antigentests zurückdrängen. "Wir sind überzeugt, dass dieser höhere Qualitätsstandard hilft, Infektionen zu verhindern", sagte Ludwig.

Auch bei Veranstaltungen und Zusammenkünften mit über 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern gilt künftig, dass nur Eintritt erlangt, wer geimpft oder genesen ist. Dabei ist es egal, ob indoor oder outdoor. Auch der Umstand, ob es zugewiesene Sitzplätze gibt oder nicht, macht keinen Unterschied. Ludwig meinte dazu, dass diese einheitlich geltende Regel dazu diene, die Vorschriften "einfach nachvollziehbar" zu machen. Bei Events und Treffen ab 25 Personen wird 2,5G gelten, dann macht neben Impf- und Genesenennachweis auch ein negatives PCR-Test-Ergebnis eine Teilnahme möglich. Die Testpflicht gilt ab zwölf Jahren.

Im Handel müssen alle Kundinnen und Kunden, egal ob im Supermarkt, der Apotheke oder im Kleidungs- oder Elektronikgeschäft, eine FFP2-Maske tragen. Auch ungeachtet ihres Immunisierungsstatus. Bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gilt, dass sie in Supermärkten FFP2-Masken zu tragen haben, als Ungeimpfte und nicht Genesene auch im restlichen Handel, wo dies für immunisierte Angestellte entfällt.

Auch in der Gastronomie hat der Antigentest ausgedient: Ins Restaurant, Beisl oder Kaffeehaus darf nur mehr, wer geimpft, genesen oder PCR-getestet ist (2,5G-Regel).

Gespräche über 3G am Arbeitsplatz laufen

Ludwig fordert zudem vom Bund die Einführung der 3G-Regel ("besser noch 2,5G-Regel") am Arbeitsplatz. Die Austria Presse Agentur berichtete etwa zeitgleich zum Pressegespräch des Bürgermeisters, dass es dazu bereits Gespräche zwischen den Sozialpartnern gebe, das hätten sowohl Gewerkschaftsbund als auch Wirtschaftskammer am Dienstag bestätigt. Im Gesundheitsministerium befürwortete man dies im Sinne des Ziels, die Impfquote zu erhöhen, "es ist daher gut, dass sich die Sozialpartner auf eine Lösung verständigen wollen", habe es dazu laut APA geheißen.

Bürgermeister Ludwig hatte vor Verkündigung des Maßnahmenpakets politische Mitbewerber hart kritisiert und dafür verantwortlich gemacht, dass Österreich in der EU eine niedrige Impfquote aufweise (voll immunisiert waren Stand Dienstag 59,95 Prozent der Gesamtbevölkerung). So gebe es, sagte er in Richtung FPÖ, hierzulande "eine Partei, die glaubt, mit Vitaminen und frischer Luft kann man das Virus bekämpfen". Und in Anspielung auf die ÖVP sagte Ludwig, eine weitere Partei habe über den Sommer plakatiert, dass die Pandemie vorbei sei. Inzwischen stecke man aber mitten in der vierten Welle. In Dänemark habe man hingegen "zuerst geimpft und dann die Pandemie für beendet erklärt".

Mehr Junge zum Impfen bewegen

Wien werde sich bemühen, die Impfquote "in bestimmten Zielgruppen noch deutlich zu erhöhen". Besonders bei jungen Menschen gebe es da noch viel Luft nach oben. Dabei zeige ein Blick auf die Intensivstationen, dass Covid-Patienten immer jünger werden. Am Dienstag befanden sich 86 Covid-Erkrankte in Wien auf einer Intensivstation und 214 auf Normalstationen. "Ärzte haben berichtet, dass sehr viele 26, 27 Jahre alte Menschen ins Krankenhaus kommen", sagte Ludwig. Oft könne man nicht erkennen, warum sie so stark vom Virus betroffen sind. 90 Prozent der Intensivpatienten seien aber Ungeimpfte.
Im Krankenhausbereich würden Ärzteteams und Pflege stellenweise bereits sehr stark an die Limits ihrer persönlichen Belastbarkeit stoßen. Daher müsse man "sehr vorsichtig agieren", so der Bürgermeister.

Weiter für kostenlose PCR-Tests

Alle Maßnahmen hätten den Sinn, die Quote der Geimpften zu erhöhen. Ludwig kann sich auch eine über die dreiwöchige Startphase hinausgehende regelmäßige PCR-Testung in den Schulen vorstellen, wie von SPÖ-Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner gefordert. Außerdem befürworte er, generell weiter kostenlos PCR-Tests zur Verfügung zu stellen. Auch wenn kostenpflichtige Tests ein Anreiz für einige sein könnten, sich doch impfen zu lassen. Aber anhand der Tests habe man wichtiges Wissen über jene, die eine Impfung ablehnen.

Planbare OPs werden verschoben

In Wiens Intensivstationen gilt seit Montag Stufe fünf auf einer Skala, die bis 9.2 geht und in den Spitälern im Zuge der Pandemie je nach Infektionszahlen und Belegung zur Anwendung kommt. Ab Stufe fünf werden planbare, nicht lebensnotwendige Operationen verschoben. Außerdem übernehmen Ordensspitäler in Kooperation mit den städtischen Krankenhäusern Covid-Patientinnen und -Patienten. Welche OPs genau verschoben werden, ließ Michael Binder vom städtischen Wiener Gesundheitsverbund (Wigev) am Dienstag offen, es seien aber planbare Eingriffe, bekräftigte Binder, der bei dem Pressegespräch des Bürgermeisters neben Ludwig auftrat.

Wien verzeichnete am Montag 8.264 aktive Infektionen mit dem Coronavirus. Seit Pandemiebeginn sind in der Bundeshauptstadt 2.400 mit Sars-CoV-2 infizierte Menschen gestorben. (Gudrun Springer, 21.9.2021)

Korrektur zur Maskenpflicht für das Personal im Wiener Handel: Ursprünglich wurde hier berichtet, dass das Personal im Handel Mund-Nasen-Schutz tragen muss. Richtig ist: In Geschäften des täglichen Bedarfs (z.B. Supermärkte und Apotheken) gilt FFP2-Pflicht für das Personal mit Kundenkontakt, in anderen Geschäften gilt diese ebenso für nicht Immunisierte. Geimpfte oder genesene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen keine Maske tragen.