Die meisten Nachbarstaaten Österreichs warteten im Median mit höherer Downloadbandbreite auf.

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Schon seit geraumer Zeit schreiben sich österreichische Regierungen den Einsatz für schnellere Internetverbindungen auf die Fahne. Glasfaser und vor allem 5G sollen hierzulande bis dato unterversorgte Gebiete in die Internet-Moderne holen. Der ländliche Raum soll damit auch für Start-ups attraktiver werden.

Hehre Pläne, an deren Realisierung aber noch zu arbeiten ist, wie die jüngste Breitbanduntersuchung des Vergleichsportals Cable.co.uk zeigt. Gemäß dessen Index dominiert Westeuropa zwar in Sachen Breitband-Datendurchsatz, Österreich bleibt dabei aber außen vor.

Die Bandbreiten-Weltkarte.
Foto: Cable.co.uk

Nur Macau spielt im Konzert mit Europa

Die Spitzenplätze gehen an Kleinstaaten bzw. autonome Territorien. Im Median mit 274 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) surft man auf der Kanalinsel Jersey, die zur britischen Krone gehört. Dahinter folgen Liechtenstein (211 Mbit/s), Island (192 Mbit/s), Andorra (165 Mbit/s) und Gibraltar (151 Mbit/s). Sie genießen freilich den Vorteil, dass der Rollout von 5G oder der Ausbau von Glasfaser-Infrastruktur aufgrund ihrer geringen Größe schneller und einfacher möglich ist.

Einzig die zu China gehörende Sonderverwaltungszone Macau schafft es mit 129 Mbit/s in die obersten zehn. Das bei Internetgeschwindigkeiten oft genannte Südkorea ist zwar bekannt dafür, dass mancherorts extrem hohe Bandbreiten verfügbar sind, im Median muss man sich aber mit 61,7 Mbit/s bzw. Rang 35 zufriedengeben. Nachbar Japan verfehlt mit 96,4 relativ knapp die Top Ten und belegt Platz 13. Die USA, in denen die Konnektivität regional massiv schwanken kann, liegen mit 92,4 Mbit/s direkt dahinter.

Ein genauerer Blick auf Europa.
Foto: Cable.co.uk

Österreich hinter den meisten Nachbarn

Für Österreich wird ein Median von 38 Mbit/s ausgewiesen, der 59. Wert aller erfassten Staaten. Damit muss man sich, mit Ausnahme von Tschechien und Italien, die Platz 60 und 61 halten, sämtlichen Nachbarstaaten geschlagen geben. Besonders gut ist die Internet-Versorgungslage in Ungarn (104 Mbit/s), das die Top Ten abschließt. Für Deutschland maß man mit 60,6 Mbit/s ebenfalls merkbar mehr als in Österreich.

Mit wenigen Ausnahmen deutlich unterversorgt sind Zentralasien, Südostasien, Afrika und Lateinamerika. Im Mittel mit 1,30 Mbit/s surft man in Äquatorial-Guinea, noch langsamer ist die Verbindung in Guinea-Bissau (1,24 Mbit/s), Äthiopien (1,2 Mbit/s) und dem Jemen (0,68 Mbit/s). In diesen Staaten mangelt es freilich nicht nur an IT-Infrastruktur, sondern in unterschiedlichem Ausmaß auch an politischer Stabilität und noch grundlegenderer Versorgung mit Wasser, Strom und Nahrung.

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Schlusslicht Turkmenistan

Ein Land lieferte im Median noch langsamere Verbindungen – nämlich die autoritär regierte ehemalige Sowjetrepublik Turkmenistan. Staatsoberhaupt ist seit 2007 Gurbanguly Berdimuhamedow, der mit seiner Vorliebe für Pferde und dem Versuch, einen Personenkult um sich aufzubauen, auch schon die Aufmerksamkeit des Late-Night-Show-Gastgebers und Schauspielers John Oliver auf sich ziehen konnte.

Insgesamt 224 Länder und Territorien sind Teil der Auflistung. Einige wenige – vorwiegend kleinere Inseln – wurden mangels (genügender) Daten nicht berücksichtigt.

Globaler Schnitt steigt weiter stark

Allgemein hält Cable.co.uk fest, dass die globale Durchschnittsbandbreite weiter deutlich steigt. Allein in den vergangenen zwei Jahren stieg sie von 11,03 Mbit/s (2019) auf 24,83 Mbit/s (2020) und nun auf 29,79 Mbit/s. Bei der ersten Untersuchung im Jahr 2017 startete man bei 7,4 Mbit/s.

In den Anmerkungen zur Methodik weist man allerdings darauf hin, dass der hohe Sprung von 2019 auf 2020 auch darin begründet liegt, dass die Testplattform des Kooperationspartners M-Lab, das von Wissenschaftern aus Princeton, von Google und dem New America's Open Technology Institute geführt wird, ein Upgrade erhalten hat und seitdem präzisere Werte liefert.

Methodik

Die Messung erfolgte durch Nutzer über einen als App und Website bereitgestellten Speedtest im "Off-net"-Verfahren, also mit Infrastruktur abseits der Provider, um ein Ergebnis zu erhalten, das den kompletten Verbindungspfad von Nutzer zu Netzinhalten abbildet. In den Daten sind auch Messungen über WLAN enthalten, die aufgrund möglicher Signalstörungen sowie Kapazitäten von Router und Endgerät tendenziell niedrigere Bandbreiten ausgeben als Tests über verkabelte Verbindungen. Da dies aber für jede Region und jedes Land anwendbar ist, seien die Messwerte untereinander vergleichbar.

Zudem gibt es einen Negativitäts-Bias, da Internetnutzer eher geneigt sind, Speedtests zu machen, wenn sie Probleme mit der Verbindung haben. Um dem entgegenzuwirken, wurden Messungen gestrichen, bei denen es offenkundig zu Störungen gekommen war. Im Gegensatz zu anderen Speedtests, die bei der Angabe mittlerer Bandbreiten zwecks Gewichtung einen Teil der langsamsten und schnellsten Ergebnisse nicht berücksichtigen, werden diese Daten bei der M-Lab-Messung nicht gestrichen. Die komplette Erklärung des Vorgehens findet sich in diesem Dokument (PDF). (gpi, 22.9.2021)