Mittlerweile sind die Schulkinder Corona-Test-Profis – durch die Nase, mit Gurgeln oder Spülen.

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Wie kommen die Schulen mit Corona-Maßnahmen klar? Gibt es das mitunter beklagte Chaos bei Corona-Tests, K1-Kindern und Quarantäne-Bescheiden? Kompliziert wird es dann, wenn die Behörde auf positive Fälle reagieren muss. Erfahrungsberichte aus den Bildungsstätten.

Virus aus dem Hort

Es war alles gut geplant für einen sicheren Schulstart der dritten Klasse einer öffentlichen Volksschule in Wien-Döbling. Alle Eltern hatten sich in einer Whatsapp-Gruppe darauf verständigt, noch vor dem ersten Schultag mit ihrem Kind einen PCR-Test zu machen. Am dritten Schultag kam die Hiobsbotschaft – aus dem Hort: Tochter P. müsse in Quarantäne. Eine "ungeimpfte Person aus dem Hort" sei am Dienstag positiv getestet worden. Auch Sohn F., der den Kindergarten desselben Standorts besucht, sei betroffen. Die "ungeimpfte Person" sei am Montag im Kindergarten und am Dienstag im Hort anwesend gewesen. Nach Gesprächen mit anderen betroffenen Familien ist sich die Mutter der beiden Kinder sicher: Eine Hort- und Kindergartenpädagogin musste sich mit dem Coronavirus infiziert haben. Kinder dürfen derzeit aus Sicherheitsgründen nicht zwischen Gruppen wechseln, das Personal schon. "Wir haben uns furchtbar geärgert", erzählt die Mutter, die beide Kinder zehn Tage in Quarantäne zu Hause hatte. Die PCR-Tests für Tochter und Sohn blieben negativ. Inzwischen besuchen sie wieder Schule und Kindergarten. (spri)

Ein bisschen ein Irrgarten

Ob sie schon positive Fälle in der Schule hatte? "Natürlich", erzählt Erika Tiefenbacher, Direktorin der MS Schopenhauerstraße 79 in Wien-Währing. Unter Lehrkräften, aber auch bei Schulkindern. Das Testsystem – montags mittels Antigentests durch die Nase plus PCR-Gurgeltest, mittwochs noch einmal gurgeln – funktioniere gut, auch wenn es etwas "hauruck" kam. Das war offenbar nicht in allen Schulen so: "Die waren vielleicht nicht so zeitig dran. Wir waren vorbereitet." Was hingegen "ein bisschen ein Irrgarten" sei, ist der Umgang mit der Benennung von K1-Kontaktpersonen und wer bei einem positiven Fall in Quarantäne muss. Das entscheiden allein die Gesundheitsbehörden. An sie (und die Bildungsdirektion) muss die Schulleiterin positive Fälle melden, macht dabei aber vielfach die Erfahrung: "Die melden sich dann nicht zurück mit der Information, wen wir nach Hause schicken müssen. Die sind überfordert", glaubt Tiefenbacher. Ihr Ausweg aus mitunter widersprüchlichen Infos: "Die Wiener Bildungsdirektion hat eine Seite mit Corona-Bestimmungen, und nur daran halte ich mich." Zumal in Wien auch gesonderte Regeln gelten: Weil die PCR-Tests im Schulbereich zwar 72, in der Stadt aber nur 48 Stunden gültig sind, "gibt es am Freitag keine Lehrausgänge, weil die Kinder in der Stadt durch die Tests nicht mehr abgesichert sind". (nim)

Auch die Verpflichtung zur FFP2-Maske kann für verwirrende Situationen im Schulalltag sorgen.
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Komplizierte "Fernhaltung"

Die verhängnisvolle Begegnung fand bereits am zweiten Schultag statt. Da wurde Saras Klasse, wie es ein Integrationsprojekt vorsieht, von einer Sonderschulklasse besucht. Ein Gast hatte sich mit Covid infiziert, drei Tag später trudelte der Bescheid zur "Fernhaltung" ein. Sara wurde wie alle anderen Klassenkameraden als K2-Kontaktpersonen – niedriges Risiko – eingestuft. Die Volksschülerin (vierte Klasse) darf weiterhin in die Schule gehen, nicht aber andere öffentliche Einrichtungen nützen und muss außerhalb der Wohnung FFP2-Maske tragen. Am Tag des Kontaktfalls hatte das Bildungsministerium zwar verkündet, die Quarantäneregeln zu lockern, doch die steirische Behörde ließ sich nicht beeindrucken: Sie erlaubt Sara ein Freitesten erst nach zehn statt fünf Tagen. Obwohl es im Wohnort eine Teststraße gibt, habe es zuerst so ausgesehen, dass sie dafür in eine 65 Kilometer entfernte Stadt fahren müssten, erzählt die Mutter. Nun kommt das Rote Kreuz in die Schule, um die Tests abzunehmen. (jo)

Verlässliches Testsystem

Bei Direktorin Petra Binder in der Volksschule Lichtenberg bei Linz funktionieren die aktuell verpflichtenden drei Corona-Tests pro Woche "bestens". Die PCR-Fläschchen werden "verlässlich abgeholt, das Ergebnis hatte ich heute um 6.30 Uhr am PC", erzählt sie: "Ich kann nicht klagen." Bei Fragen ruft sie das Krisenteam in der Bildungsdirektion in Linz an. Die Entscheider über K1 oder Quarantäne aber sitzen woanders: "Die Direktion kann nur auf die Anweisungen der Gesundheitsbehörde warten." Sie zieht Kinder aus der Schule ab und schickt sie per Bescheid auch wieder zurück. Mit der für sie zuständigen BH Urfahr-Umgebung "funktioniert es sehr gut, die sind sehr gewissenhaft, melden sich zurück". Im Vorjahr hatte Binder an ihrer Schule ein paar positive Fälle. Die Gesundheitsbehörde recherchierte die genauen Umstände, sie habe die Sitzpläne vorgelegt und wurde gefragt, "ob ich garantieren kann, dass die Kinder in der Pause nach 15 Minuten wieder die Maske getragen haben", erzählt Binder: "Kann ich als Direktorin nicht, wie auch? Aber wir versuchen alle unser Bestes!" Die BH schickte die ganze Klasse in Quarantäne. (nim)

Testen kostet Zeit

Mit den PCR-Tests funktioniere alles problemlos, schildert eine Oberstufenlehrerin aus Vöcklabruck. Aber es nehme viel Zeit in Anspruch. Rund 20 Minuten, bis alle Schülerinnen und Schüler gleichzeitig die Lösung in den Mund nehmen und spülen. Der folgende Antigentest sei schon eingespielt. Die Tests müssen vorher abgezählt und ausgegeben werden. Das machen Lehrkräfte, die nicht Klassenvorstand sind und mehr Kapazitäten haben, in ihrer Freistunde. "Ein extremer organisatorischer Zeitaufwand, aber wichtig." Bisher seien an ihrer Schule alle Tests negativ gewesen, daher gebe es auch keine Quarantänefälle. "Es sind aber auch schon viele geimpft", sagt die Oberstufenlehrerin. (ruep)

Antigentests, hierzulande auch als "Nasenbohrertests" bekannt, sind für die Schülerinnen und Schüler in Österreich schon vertraute Begleiter im Schulalltag.
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Gelassene Behörde

Ganze Klassen wegen eines Covid-Falls in Quarantäne? Ein steirischer Mittelschullehrer kann von der dergleichen nicht berichten. Zwar habe es in seinem Haus seit Schulbeginn einen positiven Test gegeben, doch der betroffene Schüler sei der Einzige, der nach Hause geschickt wurde: "Wegen der Klassenkollegen haben wir von der Gesundheitsbehörde nie mehr etwas gehört." Eingespielt hätten sich die neuen PCR-Spültests. "Ein paar Schüler haben die Flüssigkeit am Anfang sinnigerweise in die Waschmuschel statt ins Teströhrchen gespuckt", erzählt der Pädagoge, doch abgesehen von diesen Startschwierigkeiten laufe das System rund: "Die Testergebnisse waren bisher wie versprochen am nächsten Tag um sieben Uhr früh da." (jo)

Gerüstet aus dem Vorjahr

Im Gymnasium seines Sohnes funktionieren die Tests bisher problemlos, erzählt ein Vater aus Salzburg. "Der Direktor hat versprochen, die Schule so lange wie möglich offen zu halten." Sollte jemand positiv getestet werden, was noch nicht der Fall war, kommen nur die direkten Sitznachbarn in Quarantäne. Die Versorgung mit Infos für einen etwaigen Online-Unterricht sei viel besser gelöst als noch in der Volksschule, auch die Erreichbarkeit der Lehrer sei wesentlich besser geworden. (ruep)

Jause ohne FFP2-Maske

Viele gesundheitliche Probleme" – das hätten Lehrer aus dem ersten Jahr Pandemie mitgenommen, erzählt Katharina: "Das permanente Umplanen kostet wahnsinnig viel Energie." Das neue Schuljahr ließ sich nicht besser an. In der ersten Woche musste in der AHS in Niederösterreich, wo sie unterrichtet, eine Klasse in Quarantäne, dazu acht Lehrer – mit einem Schlag ein Zehntel des pädagogischen Personals. Nach zwei Tagen kam das Kommando retour. Offenbar falscher Alarm. "Ich glaube schon, dass man sich bei den Regeln viel überlegt hat", sagt die Pädagogin, "aber oft fehlt der Bezug zur Lebenswelt an der Schule." So gebe es einen geimpften Schüler, der, weil als K1-Kontaktperson eingestuft, in der Klasse FFP2-Maske tragen müsse. In der Pause darf er sie zum Jausnen abnehmen, die anderen Kinder sollten sich laut Anweisung fernhalten: "Doch wie realistisch ist das?" (jo)

Wieder ein Schultag mehr

Wieder alle negativ. Die gute Nachricht landete um 7 Uhr früh in der Mailbox von Direktor Erwin Bindreiter. Die ersten zwei PCR-Spültests der 112 Schülerinnen und Schüler an der Mittelschule St. Georgen am Walde in Oberösterreich brachten noch keinen positiven Corona-Fall. "Es läuft gut bei uns", erzählt der Schulleiter: "Keine Panne." Wer in der ersten Stunde lehrt, kommt um 7.30 Uhr, zehn Minuten vor Unterrichtsbeginn, und testet die Klasse: "Damit geht kaum Unterrichtszeit verloren", erklärt der Direktor. Die PCR-Tests werden in ein "Klassensackerl" gegeben, dieses kommt in der Direktion in ein "robustes, mit Kabelbinder verschlossenes Schulsackerl", das zwischen 8.30 und 11.30 Uhr abgeholt wird. Diesmal konnten zwei Testproben nicht ausgewertet werden, die betroffenen Kinder wurden antigengetestet – und waren negativ. Wieder ein Schultag für alle gesichert. (nim)

(Lisa Nimmervoll, Gerald John, Stefanie Ruep, Gudrun Springer, 22.9.2021)