Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) attackierte seinen Vorgänger Herbert Kickl, der ihm wiederum "Versagen" in der Asylpolitik vorwarf.

Foto: APA/jaeger
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Am Mittwoch kamen die Nationalratsabgeordneten das erste Mal nach der Sommerpause wieder im Plenum zusammen. Die im Frühjahr von der FPÖ lustvoll boykottierte Maskenpflicht am Sitzplatz gilt zwar nicht mehr, gleichwohl überschatteten die blauen Corona-Positionen so manch andere Debatte. So hätte es in der Aktuellen Stunde zu Sitzungsbeginn eigentlich um Asylpolitik gehen sollen – doch selbst bei diesem selbstgewählten Leibthema konnte es FPÖ-Klubchef Herbert Kickl nicht lassen, gegen Maßnahmen der Pandemiebekämpfung, Stichwort "3G-Theater", zu polemisieren und den Nutzen der Impfung abzustreiten.

Neu war das nicht, Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) reagierte dennoch empört und sah sich coram publico zu persönlichen Konsequenzen gegen seinen Vorgänger veranlasst: "Ich entziehe Ihnen hiermit unser Du-Wort, das wir gegenseitig gerne gepflegt haben." Kickl verhalte sich "erbärmlich" gegenüber Patienten mit Langzeitfolgen und den Hinterbliebenen der zahlreichen Covid-Todesopfer, befand Nehammer.

Der Livestream der Plenarsitzung des Nationalrats.

Am Nachmittag rückte dann die maue österreichische Durchimpfungsrate ins Zentrum der Diskussion. Die Neos richteten eine dringliche Anfrage an Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne). Beate Meinl-Reisinger beklagte, dass die türkis-grüne Regierung über den Sommer die Impfkampagne ausgesetzt habe: "Wir torkeln und stolpern in den Herbst", sagte die pinke Klubobfrau. Sie vermutet, dass die Regierung trotz steigender Infektionszahlen mit Einschränkungen für Ungeimpfte zaudert, weil in Oberösterreich Wahlen vor der Tür stehen. Und sie fragte: "Warum soll die Allgemeinheit für Leute bezahlen, die nicht bereit sind, sich impfen zu lassen?"

Mückstein sagte, es werde bis Monatsende entschieden werden, wie es mit den Gratistests weitergeht. Er verteidigte die Regierung samt Bundesländern: Man habe den Sommer nicht verschlafen, sondern ein breites niederschwelliges Impfangebot "von Impfbussen bis Impfen im Einkaufszentrum" geschaffen. Er beobachte auch das Modell der Impflotterien im Burgenland mit Interesse.

Der wichtigste für Mittwoch vorgesehene Beschluss hing ebenfalls mit dem hohen Infektionsgeschehen zusammen. Da zahlreiche Kinder wegen einer Ansteckung oder als Kontaktpersonen der Schule fernbleiben müssen, wurde im Plenum am Abend die Reaktivierung der Sonderbetreuungszeit rückwirkend mit Anfang September einstimmig beschlossen. Eltern können sich damit bis Jahresende drei Wochen ohne Einkommensverlust freinehmen, sofern ihre Kinder erkrankt oder in Quarantäne sind. Den Arbeitgebern werden die Lohnkosten vom Staat ersetzt. (ta, 22.9. 2021)