Mangels Impfpflicht werden Corona-Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz gefordert.

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Wien – Nach der Verordnung ist vor der Verordnung. Nach diesem Motto ist eine Debatte um neue Regeln für den Einsatz der 3G-Regel (Geimpft, Genesen, Getestet) am Arbeitsplatz entbrannt. Zwar erleichtert die am 15. September erlassene Covid-19-Schutzverordnung die Einführung der 3G-Regel in Branchen wie Gesundheits- oder persönlichem Dienst. Für die große Mehrheit der staatlichen und privaten Dienstgeber ist dies aber nicht so einfach.

Arbeitgeber können, wie DER STANDARD berichtete, 3G-Regeln nur in gut begründeten Fällen obligatorisch verordnen. Solche wären ein erhöhtes Risiko der Ansteckung etwa bei Kundenkontakt oder ein besonderes Risiko schwerer Krankheitsverläufe, wie Arbeitsrechtler Martin Gruber-Risak von der Uni Wien aufzählt.

Viele Graubereiche

Es gebe noch immer zu viele Graubereiche, das beginne bereits bei der FFP2-Masken-Pflicht, heißt es bei den Sozialpartnern. Die jüngst erlassene Covid-19-Schutzverordnung reiche bei weitem nicht, sagen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter.

So klar, wohin die Reise geht, ist es aber offenbar nicht. Während sich von Agrarministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) abwärts alle für eine 3G-Regel am Arbeitsplatz aussprechen, hält sich ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian bedeckt, er sei offen für eine Regelung. Zuständig sei aber die Regierung, es gebe keine Verhandlungen mit den Sozialpartnern, sondern Gespräche auf Expertenebene.

Arbeitsrecht, Persönlichkeitsschutz

In der Wirtschaftskammer verweist man auf das Ausland, allen voran Italien, wo Mitte Oktober 3G-Regeln in der Arbeitswelt eingeführt werden. Deshalb wolle man das im Einvernehmen mit dem Gesundheitsministerium "in der nahen Zukunft" vernünftig regeln, sagt ein mit der Materie vertrauter Experte unter Hinweis auf die Landtagswahl in Oberösterreich am Sonntag. Im Arbeitsministerium sieht man sich nicht zuständig, sondern verweist auf das Gesundheitsministerium, das seinerseits die Einbindung der Sozialpartner signalisiert.

Um das Arbeitsrecht nicht auszuhebeln, die Persönlichkeitsrechte nicht dauerhaft einzuschränken oder den Datenschutz zu erhalten, sei eine solche Regelung eigentlich nur im Wege einer Verordnung möglich. Darüber scheint nach einem Rundruf bei Sozialpartnern Einigkeit zu bestehen. Die neue Verordnung für 3G am Arbeitsplatz dürfe aber nicht überschießend sein, sie müsse allerdings vor allem im gesamten Bundesgebiet gelten, untermauert ein anderer Sozialpartner-Insider den Bedarf an Harmonisierung. Denn die Verfügbarkeit von Tests sei nach Regionen höchst unterschiedlich und auf dem Land nicht ansatzweise so gut wie in größeren Städten.

Allfällige Sanktionen

Auch allfällige Sanktionen werden Thema sein, verlautet aus der Arbeiterkammer, wiewohl die Verantwortung für ein nicht zeitgerecht beigebrachtes Testergebnis allzu oft nicht allein bei den Dienstnehmern liege. Als problematisch gilt darüber hinaus, dass Dienstgeber Gesundheitsdaten grundsätzlich nicht erfassen oder gar elektronisch speichern dürfen.

Geht der Plan auf, müsste sich quasi in einem Aufwaschen ein weiteres Problem lösen lassen: Die Beschäftigten im Landesdienst wären auch erfasst. Denn sie sind laut Arbeitsrechtsexperten ausschließlich über das Epidemiegesetz einzubinden. Der soeben verlängerte und erweiterte Generalkollektivvertrag tauge dafür nicht. Denn dieser gilt ausschließlich für die in der Wirtschaftskammer vertretenen Branchenbetriebe, nicht aber für alle anderen Kammern und Vereinigungen wie jene von Rechtsanwälten, Notaren, Wirtschaftsprüfern, der Landwirtschaft, Zeitungen, Künstlern oder freien Berufen. (Luise Ungerboeck, 23.9.2021)