Für die Untersuchung hat das litauische Verteidigungsministerium auch einige ausgewählte Geräte zerlegt. Im Bild Xiaomi Mi 10T 5G, Huawei P40 5G und Oneplus 8T 5G.

Foto: LITHUANIA DEFENSE MINISTRY

Das Verhältnis zwischen westlichen Ländern und China mag schon einmal bessere Zeiten gesehen haben. Dass die Regierung eines europäischen Landes eine explizite Empfehlung gegen chinesische Produkte ausspricht, ist dann aber doch ungewöhnlich. Genau das berichtet nun aber die Nachrichtenagentur Reuters aus Litauen.

Klare Ansage

"Unsere Empfehlung ist es, keine neuen chinesischen Smartphones zu kaufen und die bereits erworbenen so schnell, wie es sinnvoll möglich ist, loszuwerden", gibt sich Margiris Abukevicius, stellvertretender Verteidigungsminister Litauens, unmissverständlich. Als Grundlage für diesen Rat beruft sich die Regierung auf eine Untersuchung des eigenen nationalen Cybersicherheitszentrums, bei der die Sicherheit chinesischer Smartphones unter die Lupe genommen wurde.

Die schwersten Vorwürfe erhebt man gegen Xiaomi: Die Software des Unternehmens enthalte Zensurfunktionen, die etwa Begriffe wie "Free Tibet" oder "Long live Taiwan independence" suchen und zensieren könne. Gefunden habe man diese Funktionen auf dem Xiaomi Mi 10T 5G. Dort sei die Zensur zwar von Haus aus für europäische Regionen deaktiviert, Xiaomi könnte dies aber jederzeit von außen aktivieren, wenn man wollte. Insgesamt enthalte die Liste verbotener Begriffe derzeit 449 Einträge, werde aber vom Hersteller laufend erweitert. Ein weiterer Vorwurf: Das untersuchte Xiaomi-Gerät sende verschlüsselt allerlei Nutzungsdaten an einen Server in Singapur.

Abstufung

Ebenfalls untersucht wurden Geräte von Huawei und Oneplus, wobei man hier keine ähnlich gelagerten Vorwürfe erhebt. Allerdings verweist man auf eine nicht näher spezifizierte Sicherheitslücke bei einem Huawei P40 5G. Bei Huawei betont man in einer Reaktion zudem, dass die eigenen Geräte keinerlei Nutzerdaten verschicken. Xiaomi hat sich zu dem Bericht bisher generell noch nicht geäußert.

Hintergrund

Die Schärfe des Ratschlags könnte allerdings auch etwas mit den politischen Rahmenbedingungen zu tun haben, unter denen er abgegeben wird – haben sich die Beziehungen zwischen Litauen und China zuletzt doch deutlich verschlechtert. So hat China im Vormonat den Abzug des litauischen Botschafters aus Peking gefordert und angekündigt, den eigenen Botschafter aus Vilnius zurückzuberufen. Hintergrund ist hier einmal mehr der Streit um Taiwan, das angekündigt hat, die eigene Vertretung in Litauen unter dem Namen "Taiwanese Representative Office" zu betreiben. Das brachte, wie zu erwarten, China auf, das die Unabhängigkeit Taiwans nicht anerkennt. Aus diesem Grund tragen taiwanesische Vertretungen in Europa und den USA sonst nur die Stadt Taipeh im Namen, um eine Referenz auf die umstrittene Insel zu vermeiden.

Wenige Alternativen

Xiaomi ist in den vergangenen Jahren zu einem der größten Smartphone-Hersteller der Welt aufgestiegen. Erst vor wenigen Wochen konnte man dank eines rasanten Wachstums gar Apple den zweiten Platz bei den Verkaufszahlen abnehmen, nur Samsung setzt derzeit noch mehr Smartphones ab. Doch auch sonst wird die Smartphone-Welt zunehmend von chinesischen Anbietern dominiert, von Realme über Vivo und Oneplus bis Oppo – sie alle stammen aus China. Nach dem Huawei-Bann durch die USA versucht zudem derzeit die frühere Submarke Honor wieder Fuß zu fassen. Dem steht eine schrumpfende Zahl an nicht aus China stammenden Anbietern gegenüber. Auch diese Anbieter lassen aber zum Teil in China fertigen. (apo, 22.9.2021)