Die Oma hat Felix Eypeltauer zwar nicht am pinken Ohrwaschl gezogen, intensive Diskussionen mit dem roten Familienclan gab es aber durchaus.

Wolfgang Simlinger

Wer in der Linzer "Neosphäre" landet, dem ist ein farbenfroher Aufenthalt garantiert. Der jüngste Spitzenkandidat der oberösterreichischen Landtagswahl bittet zum Gespräch auf die pinke Couch.

STANDARD: Sie entstammen einer tiefroten Familie – Ihr Urgroßvater war Ernst Koref, legendärer erster Nachkriegsbürgermeister der Stadt Linz, Ihre Oma Beatrix Eypeltauer war ab 1979 Staatssekträterin unter Bruno Kreisky. Hat man Sie bei Ihrem Neos-Eintritt eigentlich enterbt?

Eypeltauer: Nein. Aber zumindest für heftige politische Diskussionen habe ich damit gesorgt. Und das war schön, weil ich gemerkt habe, da tut sich was. Da sind familiär ein paar Gedankenwelten aufgebrochen. Aber grundsätzlich hat meine Familie eine sehr liberale Haltung.

STANDARD: Aber warum tatsächlich nicht zur SPÖ. Mit Ihrem Stammbaum hätte man Ihnen wohl den roten Teppich ausgerollt?

Eypeltauer: Ich habe ja meine ersten politischen Schritte bei der SPÖ-Studentenorganisation an der Linzer Johannes-Kepler-Universität gemacht. Aber eben sehr rasch gemerkt, dass das, was mir das Elternhaus als das Beste, das Wahre und Richtige mitgegeben hat, es nicht für mich ist. Und das war witzigerweise genau zu dem Zeitpunkt, als die Neos über die Wahrnehmungsschwelle gekommen sind. Und erstmals hatte ich das Gefühl, dass ich keine Kompromisse eingehen muss.

STANDARD: Sollten die Neos am kommenden Sonntag die Hürde in den oberösterreichischen Landtag nehmen, wird es die kommenden sechs Jahre wohl ohne Kompromisse nicht gehen. Wird das schwierig für Sie?

Eypeltauer: Wenn wir in den Landtag einziehen, dann sind wir eine Oppositionskraft und nicht Teil der Landesregierung. Dementsprechend werden wir sehr kompromisslos diese Verantwortung wahrnehmen.

STANDARD: Der pinke Einzug in den Landtag ist vor allem auch bundesweit für die Neos entscheidend. Wie groß ist der Druck aus Wien?

Eypeltauer: Einen Druck der Bundespartei verspüre ich nicht. Aber der Einzug ist enorm wichtig. Für die Neos, für Oberösterreich. Es braucht endlich eine starke Opposition, die der türkis-schwarzen Gutsherrenmentalität Paroli bietet.

STANDARD: Ähnliches habe ich auch 2015 von Ihrer Vorgängerin an der Parteispitze gehört. Warum sollte der Einzug jetzt klappen?

Eypeltauer: Es ist kein Vergleich zu 2015. Wir haben sechs Jahre gelernt, wie man Wahlkämpfe macht. Mit Blick auf unsere Erfolge sind eindeutig eine steigende Aktie. Und wir haben eine gefestigte Parteistruktur mit einer starken Expertise in vielen Bereichen. Und ich habe noch nie einen so positiven Wahlkampf wie den Aktuellen erlebt.

STANDARD: Ich möchte jetzt nicht Ihr pinkes Frohlocken trüben. Aber die aktuelle Corona-Situation gibt doch wenig Grund zur Entspannung, oder?

Eypeltauer: Wir haben ja das Thema Corona im Wahlkampf nicht ausgeklammert. Aber ganz klar: Wir haben einen Landeshauptmann, der den ganzen Sommer erzählt hat, wie schön Oberösterreich ist, anstatt die Leute zum Impfen zu animieren. Ja, da ist ganz bewusst zugunsten des Wahlkampfes von den Verantwortlichen in der Landesregierung zu wenig gemacht worden. Haben Sie eine Impfkampagne des Landes mitbekommen? Also ich nicht. Vonseiten der Grünen als Ressortverantwortliche ist keine Aufklärung in den vielen migrantischen Communitys passiert. Im Pflegebereich gab es unter SPÖ-Verantwortung zahlreiche Cluster. Also auch ein totales Missmanagement. Und dazu kommt noch die FPÖ mit Manfred Haimbuchner, der sagt, dass die Impfung kein "Gamechanger" ist.

STANDARD: Und was haben die Neos gemacht?

Eypeltauer: Wir haben mit unserem bescheidenen Wahlkampfbudget von 500.000 Euro – übrigens für den Linzer Vizebürgermeister und ÖVP-Sparefroh Bernhard Baier das Maximum, was er in Linz ausgeben möchte – auch in unseren Flyern einen klaren Impfaufruf gestartet.

STANDARD: Eine Impfpflicht ist für Sie ein Thema?

Eypeltauer: Nein. Aber wir brauchen eine höhere Immunisierungsquote – mindestens 75 Prozent. Wenn wir das schaffen, dann können wir auch die Schulen offen halten. Wenn sich ausreichend Erwachsene impfen lassen, dann müssen die Kinder nicht unter dieser Pandemie leiden. Seit Wochen predigen wir, dass man den Leuten einen konkreten Impftermin sendet. Das funktioniert. Viele werden sagen, jetzt hab ich diesen Termin, jetzt mache ich das einfach. Und: Sind wir ehrlich zu den Leuten und sagen Ihnen, dass das Testen bald etwas kosten wird und es sich daher auszahlt, sich impfen zu lassen.

STANDARD: Sie haben für das jüngste Plakatsujet ein Dirndl übergestreift. Ist das Auffallen um jeden Preis eine politische Kategorie?

Eypeltauer: Nein. Aber in einem Wahlkampf ohne Steuermillionen ist Auffallen notwendig. Und: Es darf auch lustig sein in der Politik. Ich lebe in der Politik so richtig auf. Das ist einfach meine Leidenschaft.

STANDARD: Die Neos versprechen auch einen "frischen Wind" im Land. Oberösterreich steht aber aktuell und trotz der Krise gut da. Starkes Wirtschaftswachstum, viele neue Arbeitsplätze. Braucht es da tatsächlich ein pinkes Lüfterl?

Eypeltauer: Zum Wirtschaftswachstum muss man schon sagen, dass wir in Oberösterreich sehr viel fertigende Industrie haben, die relativ wenig durch Lockdowns beeinträchtigt war. Weil diese Unternehmen großteils durcharbeiten konnten. Und dass wir so viel Industrie haben, ist nicht ein Verdienst des Herrn Stelzer. Sondern vielmehr eine historische Entwicklung, die natürlich sehr zu begrüßen ist. Bei Themen wie der Kinderbetreuung braucht es sehr wohl einen frischen Wind. Ich kenne Betriebe, die müssen bis zu 40 Arbeitszeitmodelle rechnen, weil die angebotene Kinderbetreuung nichts mit der Wirtschaftsrealität zu tun hat. Da weiß ich genau, wo wir ansetzen müssen.

STANDARD: Zurück zu Ihnen und Ihrer Familie. Gibt es so etwas wie ein Politikergen?

Eypeltauer: Da müsste man die Genforscher fragen, was diesbezüglich genetisch vererbt ist und was man sich selber aus dem Umfeld herausholt. Aber natürlich hat mich meine Familiengeschichte extrem geprägt. (Markus Rohrhofer, 23.9.2021)