Ein Memorial in San Diego.

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Washington – US-Präsident Joe Biden hat einen schweren innenpolitischen Rückschlag erlitten: Im Kongress sind Verhandlungen zwischen seiner Demokratischen Partei und den oppositionellen Republikanern über eine umfassende Polizeireform vorerst gescheitert. Der demokratische Senator Cory Booker sagte am Mittwoch im Kapitol, bei den Gesprächen habe es zuletzt keine "Fortschritte" mehr gegeben. Biden-Sprecherin Jen Psaki sagte, das Scheitern der Gespräche sei "unglaublich enttäuschend".

Die umfassende Polizeireform war nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis im Mai 2020 in Angriff genommen worden. Die Reform sollte Polizisten Würgegriffe verbieten und die weitgehende zivilrechtliche Immunität von Beamten bei Fehlverhalten einschränken.

Ein nach Floyd benannter Gesetzestext – der "George Floyd Justice in Policing Act" – wurde zwar im vergangenen Jahr und dann erneut im März im Repräsentantenhaus angenommen. Die Reformpläne kamen aber im Senat nicht voran, in dem die Demokraten nur über eine hauchdünne Mehrheit verfügen.

Wenige Chancen auf Einigung

Bei den konservativen Republikanern gibt es große Widerstände gegen die Reform. Die Partei des früheren Präsidenten Donald Trump argumentiert unter anderem, die Reform würde die Polizei schwächen.

Der Bürgerrechtsanwalt Ben Crump, der Floyds Familie vertritt, zeigte sich am Mittwoch "extrem enttäuscht" über das Scheitern der Gespräche. Die Reform sei nötig, um "größere Rechenschaftspflicht, Transparenz und letztlich Vertrauen in die Polizei" zu schaffen.

Senator Booker betonte, die Bemühungen für eine Polizeireform würden weitergehen. "Die Arbeit ist natürlich noch nicht zu Ende", sagte der Demokrat. Er werde sich weiter für eine umfassende Polizeireform einsetzen.

Allerdings sind Demokraten und Republikaner derzeit in so vielen Punkten zerstritten, dass es wenig Chancen auf eine Einigung gibt. Derzeit streiten die Parteien unter anderem über eine Anhebung der Schuldenobergrenze und über die billionenschweren Investitionspläne von Präsident Biden für die Infrastruktur und das Sozialsystem des Landes. Weil auch innerhalb der Demokratischen Partei keineswegs Einigkeit herrscht, muss Biden um seine zentralen Reformvorhaben bangen.

Mit Blick auf die angestrebte Polizeireform hatte der Präsident den Kongress wiederholt aufgerufen, das Gesetz zu verabschieden. "Wir müssen handeln", sagte Biden etwa am 25. Mai, dem ersten Jahrestag des brutalen Todes von George Floyd. Er äußerte dabei die Hoffnung, dass Demokraten und Republikaner im Kongress ihm "schnell ein Gesetz (zur Unterschrift) auf meinen Schreibtisch schicken".

Floyds auf einem Handyvideo festgehaltener Tod hatte international für Entsetzen gesorgt und in den USA landesweite Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt gegen Schwarze ausgelöst. Der weiße Polizist Derek Chauvin hatte dem festgenommenen Afroamerikaner rund neuneinhalb Minuten lang das Knie in den Nacken gedrückt, obwohl Floyd wiederholt klagte, er bekomme keine Luft mehr. Im vergangenen Juni wurde Chauvin wegen Mordes zweiten Grades zu 22 Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. (APA, 22.9.2021)