Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache und Ex-Finanzminister Hartwig Löger wurden vom Verbraucherschutz angezeigt. Es gilt die Unschuldsvermutung.

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Wien – Eine Gesetzesänderung aus dem Jahr 2018 hatte für viele Versicherungsnehmer Folgen – und könnte auch für zwei ehemalige Regierungsmitglieder Konsequenzen haben. Denn wie spiegel.de Donnerstagfrüh berichtete, soll noch am Donnerstag "eine neue Anzeige wegen des Verdachts auf Bestechlichkeit" gegen den ehemaligen Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) und den früheren Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eingehen. Für die Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Die Anzeige wurde vom Verein zum Schutz von Verbraucherinteressen verfasst und liegt dem STANDARD vor. Darin geht es um die Änderung des Versicherungsvertragsgesetzes im Juni 2018. Damals beschloss die Koalition mit den Stimmen der Neos eine Änderung in Versicherungsvertragsgesetz, Konsumentenschutz- und Versicherungsaufsichtsgesetz. Damit wurde der sogenannte Spätrücktritt von Lebensversicherungen eingeschränkt. Empörte Reaktionen von Konsumentenschützern waren die Folge, später kippte der Europäische Gerichtshof die Regelung teilweise. Mehr Freude herrschte bei den Versicherungen, die seit Jahren versucht hatten, derartige Verschärfungen durchzubringen.

Im August kamen im Zuge des Ibiza-Untersuchungsausschusses E-Mails und SMS ans Tageslicht, die nachzeichnen, was die Freiheitlichen damals zum Umdenken bewogen hat (Stichwort: Aufnahme einer weiteren Privatklinik in den Prikraf), und auch, wie sehr Versicherungen an dem Gesetz mitarbeiteten und dass Druck vom eigentlich gar nicht zuständigen Finanzministerium ausging – hier im Detail nachzulesen. Zu alldem wollten sich Löger und Strache bislang nicht äußern.

Thema im Ibiza-U-Ausschuss

Löger war zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung Finanzminister, zuvor war er Vorstandsvorsitzender der Uniqa und Aufsichtsratsvorsitzender der Tochterfirma Premiqamed. In der Aussendung zu der Anzeige schreibt Verbraucherschutz-Obmann Peter Kolba, dass Löger im Ibiza-U-Ausschuss einen Zusammenhang von Spenden der Premiqamed in den Jahren 2017 und 2018 an die ÖVP mit der Erhöhung der Prikraf-Mittel bestritt, weshalb nun Kolba schlussfolgert, dass dies den Verdacht zulasse, "dass diese Spenden im Zusammenhang mit der Gesetzesänderung in Sachen 'Spätrücktritt' (von den Lebensversicherungen, Anm.) stehen könnte".

Der Verbraucherschutzverein hat auch Ermittlungen gegen vorerst unbekannte Täter angeregt, ein erster Geschädigter hat sich als Privatbeteiligter dem Verfahren angeschlossen. (spri, red, 23.9.2021)