Nicht nur unter Betten und Sofas können Objekte verschwinden, weil sie von zu viel Staub verdeckt werden. Die Größenordnung reicht bis hin zu Galaxien: Astronominnen und Astronomen entdeckten gleich zwei dieser Sternen- und Planetenansammlungen, die von kosmischem Staub in eine Wolke gehüllt und daher verborgen waren. Beobachtungen mit der Teleskopanlage Alma auf einer chilenischen Hochebene offenbaren nun aber einen Blick auf sie. Die Galaxien stammen aus der frühesten kosmischen Epoche des Universums, das vor 13,8 Milliarden Jahren entstand.

Für das Hubble-Teleskop unerkannt (links), entdeckte das Forschungsteam dank Alma zwei von Staubwolken versteckte Galaxien (eine davon in der künstlerischen Darstellung oben rechts), während eine bereits bekannte junge Galaxie (künstlerische Darstellung unten rechts) observiert wurde.
Bild: ALMA (ESO/NAOJ/NRAO), NASA/ESA Hubble Space Telescope

Anders als optische oder Infrarot-Teleskope kann Alma sehr viel längere Wellenlängen im (Sub-)Millimeterbereich wahrnehmen. Dadurch lüftet sich der Schleier der Gas- und Staubwolken – und bisher verborgene Galaxien treten hervor.

Fernste versteckte Galaxie

Die Existenz zweier solcher Galaxien, die sich vor mehr als 13 Milliarden Jahren gebildet haben, konnte ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Universitäten Genf und Waseda in Japan sowie des Nationalen Astronomischen Observatoriums von Japan nun mithilfe von Alma-Beobachtungsdaten nachweisen. Eine davon sei gar die fernste, von Staub verdeckte Galaxie, die je beobachtet wurde, teilte die Universität Genf am Mittwoch mit.

Die Entdeckungen zeigten, dass das Bild der Anzahl früher Galaxien noch sehr unvollständig sei, berichten die Forschenden im Fachmagazin "Nature". Erstaunlich am aktuellen Fund sei aber gerade die Tatsache, dass die entdeckten Galaxien im Vergleich zu typischen Galaxien dieser Epoche gar nicht ungewöhnlich sind – und aufgrund ihrer Ungewöhnlichkeit bisher nicht erspäht wurden.

Ungewöhnlich, weil gewöhnlich

Yoshinobu Fudamoto, Erstautor der Studie, formuliert es so: "Diese neuen Galaxien sind nicht deshalb unbemerkt geblieben, weil sie extrem selten sind, sondern nur, weil sie vollständig von Staub verdeckt sind." Tatsächlich hält er es für möglich, "dass wir immer noch bis zu eine von fünf Galaxien im sehr frühen Universum übersehen". In Zukunft dürfte also die bisherige Galaxienzählung im Hinblick auf die erste Milliarde an Jahren nach dem Urknall überarbeitet werden, da sie wahrscheinlich unvollständig ist.

Die Forschenden setzen auch in diesem Zusammenhang große Hoffnungen auf das James-Webb-Weltraumteleskop, das am 18. Dezember vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana ins All starten soll. Insbesondere mit Synergieeffekten, die gemeinsam mit dem Alma-Teleskop möglich sind, wollen sie das Rätsel um die Anzahl übersehener Galaxien lösen. Und sie wollen die Frage beantworten, wann die erste Galaxie entstand – unter anderem, weil sich damit auch neue Erkenntnisse für die Entstehung der Sternensammlungen allgemein ergeben würden. (red, 24.9.2021)