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Wirtschaftskammer, Industrie und jetzt auch noch die Arbeitnehmervertreter: Die Wunschliste der wichtigsten Lobbyverbände Österreichs für die kommende türkis-grüne Steuerreform ist nun komplett. Nach den Arbeitgebern präsentierten am Freitag auch ÖGB-Chef Wolfgang Katzian und Arbeiterkammerpräsidentin Renate Anderl ihre Forderungen.

Das Wichtigste: Die Arbeitnehmer sind mit dem Plan der Regierung einverstanden, die Tarifstufen zwei und drei zu senken. Das betrifft den Einkommensanteil von 18.000 bis 31.000 Euro, hier soll die Einkommensteuer von 35 auf 30 Prozent sinken. Zwischen 31.000 und 60.000 Euro soll die Steuerbelastung von 42 auf 40 Prozent sinken.

Laut Arbeiterkammer und Gewerkschaft würde das Menschen mit "kleinen und mittleren Einkommen" entlasten. Freilich: Die Steuersenkung hilft natürlich auch Spitzenverdienern, die eine halbe Million oder mehr verdienen.

Das liegt am System der Einkommensteuer und den Steuerstufen: Wenn unten entlastet wird, bei den niedrigeren Tarifstufen, profitieren auch Besserverdiener, in absoluten Zahlen meist sogar mehr.

Warum die Gewerkschaft dann keinen Solidarbeitrag bei Spitzenverdienern einfordert? "Arbeitnehmer sollen nicht gegen Arbeitnehmer ausgespielt werden", sagt ÖGB-Chef Katzian dazu. Es gebe andere, bessere Ideen, um das Steuersystem gerechter zu machen.

ÖGB: Nicht die Zeit für Geschenke

Katzian schlug hier auch gleich ein paar Pflöcke ein. So forderte er erneut eine Erbschaftssteuer. Und: Wie Anderl erteilte er der Forderung von Industrie und Wirtschaftskammer nach einer Senkung der Körperschaftsteuer von 25 auf 21 Prozent eine Absage. Es sei nicht die Zeit für Geschenke. Um Investitionen zu fördern, gebe es bessere Wege. Eine Senkung der Körperschaftsteuer erhöhe "eins zu eins" die Gewinne. Eine Entlastung hier werde spätestens 2023 zu einem Sparpaket führen.

Eine weitere Forderung der Arbeitnehmer: Der Familienbonus, ursprünglich ein von ÖVP und FPÖ eingeführtes System, könne einen Beitrag leisten, um Familien zu unterstützen. Aber: Aktuell haben rund 166.000 Kinder keinen Anspruch auf den Familienbonus, weil die Eltern im Jahr mindestens 330 Tage Mindestsicherung oder Arbeitslosengeld bezogen haben. Auch diese Familien gehörten entlastet.

Die Arbeitnehmervertreter warnten auch davor, die geplante CO2-Bepreisung und die Steuersenkung zu vermischen. Im Zuge der Steuerreform müsse beides sauber getrennt werden. Was den CO2-Preis betrifft, forderte Anderl eine gesetzliche Regelung dafür, damit die höheren Kosten für Emissionen nicht bei den Vermietern hängen bleiben. Rund eine halbe Million Mieter, die mit Öl und Gas heizen, wären betroffen. Vermieter sollen mit 50 Prozent an dem höheren CO2-Preis beteiligt werden.

Wie genau das geschehen kann? Darauf ging Anderl auch auf Nachfrage nicht ein. Möglich wäre das ja nur im Gemeindebau in Wien oder im Altbau, wo eine Preisbindung gilt. Dort, wo die freien Marktkräfte gelten, gibt es ja für den Vermieter kein Hindernis, Preiserhöhungen weiterzugeben. Die AK-Chefin fordert jedenfalls ohnehin für alle Haushalte eine 100-prozentige Rückvergütung der CO2-Steuer. Alle Erwachsenen sollten diesen Ökobonus bekommen, für Kinder müsse es einen Zuschlag geben. (András Szigetvari, 24.9.2021)