Im Mai 2021 nahm Handke den Kardjordje-Stern in Belgrad entgegen, die höchste staatliche Auszeichnung Serbiens.

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München – Literaturnobelpreisträger Peter Handke sieht sich in seiner kritisierten Parteinahme für Serbien während der Jugoslawienkriege missverstanden. "Einiges habe ich ungeschickt oder nicht ganz klar ausgedrückt. Das habe ich zu verantworten. Aber jeder Mensch, der ein bisschen weiß, wie ich bin, wird verstanden haben, wie ich es meine", sagte er in einem Interview im "Süddeutsche Zeitung Magazin". "Ich sehe an mir keine Schuld. Ich fühle mich oft schuldig im Leben, aber da nicht."

Die Verleihung des Nobelpreises an Handke 2019 hatte zu heftigen Protesten geführt. Kritiker werfen ihm wegen seines Eintretens für Serbien und serbische Nationalisten bis heute die Verharmlosung von Kriegsverbrechen und Völkermord vor. Handke verteidigte auch seinen umstrittenen Besuch 2004 bei Slobodan Miloševic im Gefängnis in Den Haag, wo der serbische Politiker vom UN-Kriegsverbrechertribunal wegen Völkermordes angeklagt war. "Ein Mensch, der im Gefängnis sitzt – da würde ich immer hingehen und ihn anhören. Sonst wäre ich kein Mensch", sagte Handke.

Literatur als Zentrum

Kritisch äußerte sich Handke über die Verleihung des Literaturnobelpreises an den US-amerikanischen Singer-Songwriter Bob Dylan im Jahr 2016. "Nichts gegen diese ganz große Gestalt", sagte er. "Als Sänger ist er so nah an der Ewigkeit wie keiner. Aber Literatur ist doch, für mich zumindest, etwas zum Lesen. Auch Dylans geschriebene Sachen geben einem nicht wirklich was zu lesen. Aber vielleicht ist das die Postmoderne, die ich nicht verstehe."

Das Preisgeld für den Nobelpreis in der Höhe von umgerechnet 830.000 Euro "ist auf der Bank, denke ich", sagte Handke. "Fragen Sie mich aber nicht, wie das angelegt ist. Irgendwas mit Spar oder so." Über den Verbleib seiner Nobelpreis-Medaille ist er sich nicht sicher: "Ich glaube, die habe ich meiner Tochter Léocadie gegeben." Sie werde sich einmal auch um seinen Nachlass kümmern: "Die wird das schaukeln."

Zu seinem literarisches Nachleben befragt, meinte der Dichter: "Literatur ist das Zentrum der Menschheit. Ich kann nicht glauben, dass mein Werk vergänglich ist. Es kommt, was kommt, aber es wird was kommen. Ich bin zugleich hoffärtig und total bescheiden. Wenn ich zufällig, nicht absichtlich, ein Buch von mir aufschlage, denke ich: Mensch, das ist Prosa! So gehen die Sätze der Literatur. Das kann nicht von dir sein. Manchmal denke ich, es wäre schön, noch eine letzte Lesereise zu machen. Wie sagt Jesus: Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen." (APA, 24.9.2021)