Armin Laschet oder Olaf Scholz? Bis zum Wahltag blieb offen, wer das Rennen um das Kanzleramt machen wird.

Foto: EPA, Imago, Collage: Der Standard/ Beigelbeck

Markus Söder selbst ist nicht auf dem Spielfeld. Doch von außen hat der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef immer etwas zu sagen. Sein jüngster "Ansporn" für Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU): "Die Goldmedaille bekommt, wer Erster ist."

Das sehen andere in der Union auch so, verkneifen sich jedoch den Hinweis. Natürlich würde Laschet gerne die Nasenspitze vorn haben und mit der Union als stärkste politische Kraft ins Ziel gehen. Doch er weiß: Man kann auch als Zweitplatzierter Kanzler werden. Das haben die SPD-Regierungschefs Willy Brandt und Helmut Schmidt erfolgreich vorgemacht. Laschets Konter auf Söder lautet daher: "Bundeskanzler wird, wer am Ende eine Mehrheit im Deutschen Bundestag hat."

Und so klammern sich nicht wenige in der Union an folgende Hoffnung: Liegt die Union auf Platz zwei, dann wird Olaf Scholz (SPD) zunächst den Grünen und der FDP Angebote für eine Ampel machen. Doch bringt er weder dieses noch ein anderes Bündnis zustande, wäre Laschet am Zug. Er könnte sich mit FDP und Grünen um Jamaika bemühen und Kanzler werden.

Einer von beiden wird wohl der nächste Kanzler werden. Aber wird es Laschet oder Scholz?

***

OLAF SCHOLZ, SPD

Olaf Scholz saß schon bei Kanzlerin Angela Merkel als Minister im Kabinett.
Foto: imago images/photothek/Xander Heinl

Aus dem hohen Norden

Olaf Scholz (63) wuchs in Hamburg auf, dort startete er auch seine politische Karriere und stieg bis zum Bürgermeister der Hansestadt auf (2011 bis 2018). Davor war er in Berlin unter Angela Merkel Arbeitsminister, seit 2018 ist er Chef des Finanzministeriums. 2019 wollte er gerne SPD-Chef werden, das aber klappte nicht.

Viele in der Partei hatten nicht vergessen, dass Scholz Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) bei der Vorbereitung seiner Sozialreformen (Hartz IV) unterstützt hatte. Ihrer Meinung nach hatte er damit entscheidend zur Schwächung der Partei beigetragen.

Ein früher Start

Der erste Kanzlerkandidat, der seinen Hut in den Ring warf, war Olaf Scholz. Schon im Sommer 2020 nominierten ihn die Sozialdemokraten. Das geschah sehr einmütig und ganz anders als im Jahr zuvor die Suche nach einer SPD-Führung.

Die beiden SPD-Chefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans überließen Scholz bei der Frage der Spitzenkandidatur, ohne zu murren, den Vortritt. Damals lag die SPD aber auch noch bei 15 Prozent in Umfragen. Die Partei steht geschlossen hinter ihm. Scholz war im Frühjahr 2021 auch der Erste, der sein Wahlprogramm präsentierte.

Aufstieg in den Umfragen

Der Blick auf die Umfragen erfreute die Sozialdemokraten in diesem Wahlkampf von Woche zu Woche mehr. Sie konnten zunächst den Abstand zur Union immer mehr verkleinern und landeten schließlich auf Platz eins.

Scholz inszenierte sich als neuer Stabilitätsanker in der Kontinuität der scheidenden Kanzlerin Angela Merkel – nach dem Motto: Ihr könnt mir vertrauen, ich weiß bereits, wie man im Bund regiert. Aus allen drei TV-Triellen ging Scholz laut den anschließenden Blitzumfragen als deutlicher Sieger hervor.

Reiche sollen abgeben

Der SPD-Kanzlerkandidat ist überzeugt: Die Reichen sollen mehr zur Bewältigung der Corona-Krise beitragen. Daher fordert er eine Steuer von einem Prozent auf Vermögen von zwei Millionen Euro.

Er plädiert zudem für die Erhöhung des Mindestlohns von 9,50 auf zwölf Euro die Stunde und für eine Bürgerversicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung, in die alle einzahlen. Deutschland soll bis 2045 klimaneutral sein. Scholz will erneuerbare Energien stärker ausbauen und setzt sich für ein Tempolimit von 130 km/h auf der Autobahn ein.

***

ARMIN LASCHET, CDU

Armin Laschet will von Nordrhein-Westfalen nach Berlin und ins Kanzleramt wechseln.
Foto: imago images/Political-Moments

Im Rheinland zu Hause

Armin Laschet (60) begann seinen Aufstieg in der Kommunalpolitik seiner Heimatstadt Aachen. Später wechselte er ins EU-Parlament, doch 2005 kehrte er nach Nordrhein-Westfalen zurück und wurde dort erster Integrationsminister.

2017 übernahm er das Amt des Ministerpräsidenten, seither regiert die CDU dort mit der FDP. Als Angela Merkel sich als CDU-Chefin zurückzog, wollte Laschet noch nicht ihr Nachfolger werden. Erst als Annegret Kramp-Karrenbauer entnervt aufgab, kandidierte er. Laschet wurde im Jänner 2021 zum neuen CDU-Chef gewählt.

Ein harter Kampf

Bei Armin Laschet lief es bei weitem nicht so glatt wie beim sozialdemokratischen Konkurrenten. Zuerst musste er sich den CDU-Vorsitz gegen Friedrich Merz und Norbert Röttgen erkämpfen.

Kaum war das geschafft, begann der Streit um die Unions-Kanzlerkandidatur. Auch der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder wollte den Job.

Nach tagelangem Tauziehen gab dieser jedoch auf, Laschet konnte sich schließlich durchsetzen. Doch der Kampf hat Risse in der Union hinterlassen. Laschet weiß, dass viele lieber Söder wollten als ihn.

Gelächter im Flutgebiet

Das Unions-Wahlprogramm ließ zunächst auf sich warten und wurde dann, als es vorlag, als wenig ambitioniert kritisiert. Laschet selbst kam auch nicht recht in Schwung, und dann passierten auch noch Fehler.

Er wurde gefilmt, als er im Flutgebiet lachte, auch in seinem Buch von 2008 tauchten Plagiate auf. Als er nach seinen drei wichtigsten Vorhaben als Kanzler gefragt wurde, fielen ihm nur zwei ein.

Was viele erstaunte: Laschet bekam zunächst keine Unterstützung von Angela Merkel, erst zum Schluss griff sie ein.

Keine stärkere Belastung

Keine Steuererhöhungen, diese wären Gift für die Konjunktur – so lautet das Credo von Armin Laschet. Auch eine Erhöhung des Mindestlohns will er nicht per Gesetz festschreiben, das sollen die deutschen Tarifpartner unter sich ausmachen. Anders als Scholz möchte Laschet auch private Krankenversicherungen erhalten.

Beim Klimaschutz denkt er einerseits wie Scholz: Es reicht, wenn Deutschland bis 2045 klimaneutral wird. Doch mit einem Tempolimit auf Autobahnen kann er nichts anfangen, es soll weiterhin "freie Fahrt für freie Bürger" gelten. (Birgit Baumann aus Berlin, 26.9.2021)