Der Umgang mit Corona-Maßnahmen in den Schulen ist im internationalen Vergleich sehr unterschiedlich.

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USA: Hohe Zahlen, niedrige Impfquoten

In den USA sind auch die Corona-Maßnahmen an Schulen sehr unterschiedlich. Gleich nach den ersten Schultagen Mitte September hatten bereits wieder mehr als 2000 Schulen geschlossen. Tausende Kinder wurden positiv auf das Coronavirus getestet, vor allem in den Bundesstaaten, in denen die Impfquote besonders niedrig ist. Das Thema Impfen ist in den USA nach wie vor extrem politisiert.

In Florida sind Kinder unter zwölf Jahren mittlerweile die Altersgruppe mit der höchsten Covid-19-Fallzahl. Und in Georgia haben sich die Fälle bei Kindern im Alter von elf bis 17 Jahren im vergangenen Monat seit der Wiedereröffnung der Schulen vervierfacht. Mehr als die Hälfte der geschlossenen Schulen in den USA wechselte zum virtuellen Unterricht, aber etwa 40 Prozent der betroffenen Schulen taten dies laut der Datenseite Burbio ohne einen Plan für das Distance-Learning.

In New York City, wo die Impfrate bei Zwölf- bis 17-Jährigen bei hohen 70 Prozent liegt, hat Bürgermeister Bill de Blasio freiwillige wöchentliche statt zweiwöchentliche Testungen für ungeimpfte Schüler angekündigt, um so viele wie möglich in den Klassenzimmern zu halten. Im Gegenzug werden die Quarantäneregeln gelockert. Eine Impfpflicht für Lehrpersonal gilt ab 27. September.

Auch bisher mussten die Schüler und Schülerinnen in der Metropole beim Betreten ihrer Schulen Fieberkontrollen passieren und Masken tragen.

Deutschland: Viele verschiedene Regelungen

In Deutschland sind die Corona-Regeln in den Schulen Sache der Bundesländer. Viel kritisiert wird jedenfalls die nach wie vor dürftige Digitalisierung an Schulen. Prinzipiell gibt es das Credo, möglichst viele Anwesenheitstage anzustreben.

In Schleswig-Holstein ist die maskenfreie Schule, die sich so viel herbeisehnen, bereits Realität. Ungeimpfte in der Schule müssen allerdings noch zweimal pro Woche einen Antigentest machen. In Schulen in Nordrhein-Westfalen muss jetzt auch nur mehr das infizierte Kind in Quarantäne – alle anderen dürfen weiter die Schulbank drücken. Getestet wird dafür dreimal pro Woche. Im restlichen Deutschland müssen nur noch die Sitznachbarn in Quarantäne.

Vielkritisiert ist die Entscheidung von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke), den Corona-Schutz in Schulen praktisch aufzuheben. Es gibt keine Schnelltests mehr – und keine Maskenpflicht. Testen sollen – bei Symptomen – die Kinderärzte.

Lang und intensiv wurde über den Sinn von Luftfiltern diskutiert. Die Bundesregierung hat 200 Millionen Euro für solche Geräte zur Verfügung gestellt. Abgerufen wurden die Gelder bisher kaum. Den "Freedom Day" für Schulen sieht der Lehrerverband frühestens ab Februar 2022. Die Hoffnungen liegen auch hier auf der Impfung für jüngere Kinder, deren Zulassung Biontech noch "vor Winterbeginn" beantragen möchte. 30 Prozent der Zwölf- bis 17-Jährigen sind geimpft.

Russland: Lehrpersonal "freiwillig" geimpft

Pünktlich am 1. September hat für Kostja die Schule wieder begonnen. Maske und Handschuhe brauchte der Zehnjährige nicht, weder in der Klasse noch auf den Fluren. Auch die Lehrer blieben unmaskiert. Aber sie mussten sich alle impfen lassen. Zwar hat das föderale Bildungsministerium offiziell keine Impfpflicht erlassen, dafür veranlassten die Beamten auf regionaler Ebene, dass sich die Lehrer "freiwillig" spritzen ließen – Moskau war einer der Vorreiter.

Einige Änderungen gab es trotzdem für Kostja: Der Appell zum Schuljahresbeginn und das gemeinsame Foto mit den Eltern fielen heuer aus, die Eltern dürfen schon seit vergangenem Jahr nicht mehr ins Schulgebäude. Außerdem konnte Kostja nun endlich länger ausschlafen. Die Viertklässler in seiner Schule kommen erst zur zweiten Stunde ab 9.30 Uhr ins Haus. Das soll Gedränge an den Eingängen vermeiden. In Kostjas Klasse war trotzdem ein Kind positiv. Seit Freitag heißt es wieder: Quarantäne und Online-Unterricht.

Ob das reicht, bleibt abzuwarten: Bislang hat die russische Führung wegen der Dumawahl auf allzu scharfe Restriktionen verzichtet. Doch die Ansteckungszahlen sind hoch, und so hat mit dem Gebiet Orenburg bereits wieder die erste russische Region seit Mittwoch auf Online-Unterricht umgestellt. "Erst einmal für zwei Wochen", versprach Gouverneur Denis Pasler. Doch viele Eltern in Russland befürchten, dass ihre Kinder auch heuer wieder viel Zeit zu Hause und wenig in der Schule verbringen werden.

Frankreich: Schulen offenhalten hat Vorrang

Frankreich hat es sich zum Ziel gesetzt, die Schulen so weit wie möglich offenzuhalten. Das hat nicht nur pädagogische, sondern auch wirtschaftliche Gründe – erwerbstätige Eltern sollen arbeiten können.

Um die Pandemie dennoch unter Kontrolle zu behalten, hat Bildungsminister Jean-Michel Blanquer drastische Vorkehrungen getroffen. Kinder ab zwölf Jahren werden an den Mittelschulen geimpft. Und zwar massiv: 70 Prozent dieser Altersklasse haben bereits eine erste Dosis erhalten, mehr als die Hälfte ist vollständig geimpft. Zudem herrscht vom Kindergarten bis ins Lyzeum Maskenpflicht – in vielen Regionen sogar im Pausenhof.

Zunehmend umstritten ist, was im Fall einer Ansteckung zu geschehen hat. Noch gilt die Regel, dass eine Klasse auf Kindergarten- oder Grundschulniveau geschlossen wird, wenn eine Schülerin oder ein Schüler sich den Virus eingefangen hat. Die Dauer der Quarantäne für die Betroffenen beträgt zehn Tage. Möglichst die ganze Klasse wird getestet.

Auch die Schließung ganzer Klassen stößt in Expertenkreisen auf Kritik. Der nationale Wissenschaftsrat plädiert stattdessen für regelmäßige, das heißt wöchentliche, Tests bis zum elften Lebensjahr. Auch in der Mittelschule sollen die Klassen bei einem positiven Fall nicht mehr geschlossen werden; dafür soll der betroffene Jahrgang der ganzen Schule systematisch getestet werden. Die Regierung, die ohnehin eine generelle Lockerung des Covid-Regimes plant, prüft nun die Umsetzungsmöglichkeit dieses Vorschlags.

Schweden: Keine Masken, keine Tests

In Schweden hat im August das neue Schuljahr begonnen. Während die Klassen eins bis neun seit Pandemiebeginn fast ausschließlich im Klassenraum unterrichtet wurden, sind nun auch die Zehnt- bis Zwölftklässler zurück im Präsenzunterricht.

Die Entscheidung, die Gymnasiasten in den Fern- oder Wechselunterricht zu schicken, war auf Regierungsebene getroffen worden. Ansonsten gilt: Die Empfehlungen der staatlichen Gesundheitsbehörde, so zum ausreichenden Lüften und Abstandhalten wie auch zur Verfolgung von Infektionsketten, werden von den einzelnen Regionen und den Trägern der Schulen nach eigener Beurteilung der Lage und somit in vielfältiger Weise umgesetzt. Übergreifend geht man dabei aber von der Einschätzung der Behörde aus, dass der Präsenzunterricht, zumal in der Grundschule, von höchster Priorität für das Wohl der Kinder ist und dass Kinder nur in Ausnahmefällen schwer an Covid erkranken.

Nur in seltenen Fällen wurden daher ganze Grundschulklassen oder gar Schulen in Quarantäne geschickt; Masken waren und sind in Schwedens Schulen ebenso wenig ein Thema wie regelmäßige Tests. Für Schulkinder wie für Erwachsene gilt stattdessen, dass ein Test nur bei einschlägigen Symptomen durchgeführt werden soll. Bei einem positiven Ergebnis muss das Kind unter Verweis auf das Seuchenschutzgesetz bis mindestens sieben Tage nach Auftreten der Symptome zu Hause bleiben und die letzten zwei Tage vor der Rückkehr zur Schule symptomfrei gewesen sein. (Stefan Brändle, Manuela Honsig-Erlenburg, Anne Rentzsch, André Ballin, 25.9.2021)