Die Hilferufe kommen in immer kürzeren Abständen, an den Zuständen ändert das freilich wenig: Die Pflegekräfte sind erschöpft, psychisch ausgelaugt, körperlich am Ende. Die Corona-Pandemie hat eine latent schlechte Situation weiter verschlechtert. Viele verlassen den Beruf, weil sie keine Hoffnung auf Besserung haben. Nicht nur in den Krankenhäusern brodelt es, auch in Pflegeheimen und gar bei den mobilen Pflegediensten brodelt es. Die Klagen sind gleichlautend.

Ähnlich dramatisch ist die Lage in den Kindergärten und Horten. Auch von dort tönen immer lautere Hilferufe: zu wenig Personal, viel zu wenig Geld, immer schwierigere Rahmenbedingungen für die Betreuung und Frühbildung unserer Kinder. Den Mitarbeiterinnen privater Kindergärten und Horte, darunter "Schwergewichte" wie Kiwi, Kinderfreunde, Diakonie und St. Nikolausstiftung, reicht es. Sie planen für den 12. Oktober eine Betriebsversammlung – ihre Kindergärten und Horte bleiben an diesem Tag bis Mittag geschlossen.

Die Corona-Pandemie hat die latent schlechte Situation von Pflegekräften weiter verschlechtert.
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Österreichs Politik sollte alarmiert sein. Obwohl Demografen seit Jahren, ja Jahrzehnten davor warnen, dass eine immer älter werdende Gesellschaft immer größere Herausforderungen im Gesundheits- und Pflegebereich mit sich bringt, obwohl allen bewusst sein muss, wie anstrengend die Pandemie gerade für Beschäftigte in diesen Bereichen bisher war, reagieren Politik und Verwaltung auf allen Ebenen nur sehr langsam. Überall fehlt es an Personal. Wenn einer oder eine ausfällt, müssen die Verbleibenden alles abfangen. Das sorgt für noch mehr Erschöpfung, ein teuflischer Kreislauf beginnt.

Versäumnisse

Es ist nicht einfach, in einer Krise plötzlich mehr Personal bereitzustellen. Die Versäumnisse liegen weit zurück. Doch spätestens jetzt muss damit begonnen werden, den Beruf attraktiver zu machen: durch bessere Bezahlung, Flexibilisierung der Arbeitszeiten – vor allem aber durch personelle Aufstockung auf den Stationen. Nur so können die ständigen Engpässe und damit das Gefühl permanenter Belastung der Beschäftigten vermieden werden.

Die Versäumnisse im Bereich der Kindergärten liegen ebenso weit zurück. Hier hat die Tatsache, dass Länder und Kommunen für Kinderbetreuung zuständig sind, über Jahrzehnte für arge Ungleichgewichte gesorgt. In einigen konservativ regierten Bundesländern hat sich bis heute weder ganztägige noch ganzjährige Betreuung der Kleinsten durchgesetzt. In diesen Ländern sind die Arbeitsbedingungen naturgemäß "besser" – oder lassen sich zumindest einigermaßen mit dem niedrigen Einstiegsgehalt für Elementarpädagoginnen von rund 1500 Euro vereinbaren. Das führt wiederum dazu, dass jenen Ländern und Städten, in denen ganztägige und ganzjährige Betreuung die Norm sind, das Personal davonläuft. Dieser Unfug muss schnellstens aufhören. Die Gehälter müssen steigen. Dann wird auch der Beruf attraktiver.

Sowohl bei der Betreuung der Kranken und Alten als auch bei jener der ganz Jungen können wir in Österreich nicht so weitermachen wie bisher. Sonst droht Systemversagen.(Petra Stuiber, 25.9.2021)