Die Luftaufnahme eines Gleitschirmpiloten macht die Dimension der Baustelle deutlich.

Foto: Hartmut Dörschlag

Es wird eine Seilbahn der Superlative werden: 4000 Personen soll der neue "Flying Mozart" von Wagrain im Salzburger Pongau pro Stunde auf das Grießenkareck befördern können; die 970 Höhenmeter sollen in nur elf Minuten überwunden werden.

Dazu kommt jede Menge technischer Schnickschnack in der hochmodernen Zehnergondelbahn aus dem Hause Doppelmayr: Die Kabinen bestehen aus durchgehenden Glasflächen, haben ein eigenes Entertainment-System und natürlich beheizbare Einzelsitze. Für das gesamte Areal ist ein flächendeckendes WLAN vorgesehen.

Start in der Saison 2021/22

Mit der Wintersaison 2021/22 soll es losgehen. Ab da soll die neue Mittelstation quasi als Umsteigestation fungieren und einen Zugang zur Pendelbahn zwischen den beiden Wagrainer Skibergen Grafenberg und Grießenkareck ermöglichen. Zudem wird ein Anschluss an die Verbindungsbahn Richtung Flachauwinkl/Kleinarl und Zauchensee möglich.

Es handle sich jedenfalls um die "modernste Seilbahn im gesamten Alpenraum", teilt die Salzburger Landeskorrespondenz als offizielles Organ der Landesregierung mit. Kostenpunkt des neuen "Flying Mozart" im "Snow Space Salzburg": rund 37 Millionen Euro.

Der neue "Mozart" ersetzt die 1988 errichtete Kabinenbahn, die auf eine Stundenkapazität von rund 2500 Personen kam und in Summe über 30 Millionen Passagiere bergwärts befördert hatte. Trotz der Dimension der neuen Anlage: Eine Umweltverträglichkeitsprüfung war gesetzlich nicht notwendig, bewilligt wurde das Projekt im August 2019 von der Bezirkshauptmannschaft.

"Keine Alternative zum Tourismus"

Ist ein Projekt dieser Dimension notwendig? Die Größe des Skigebietes wie auch die Attraktivität der Anlagen seien für einen hohen Prozentsatz der Urlauber ausschlaggebend, heißt es vonseiten der Seilbahnbetreiber.

Der Vorstandsvorsitzende der "Snow Space Salzburg"-Bergbahnen, Wolfgang Hettegger, ist angesichts der nahenden Eröffnung positiv gestimmt: Für die Zeit nach der Pandemie brauche es Projekte mit Strahlkraft. Das erweiterte Skigebiet mit mehr als 210 Kilometern an Pisten sei eine Absicherung für die touristische Wertschöpfung der Region. Hettegger weiter in der Landeskorrespondenz: "Wenn man aus dem Corona-Winter etwas gelernt hat, dann dass es keine Alternativen zum Tourismus als Leitbranche im Innergebirge gibt."

Landeshauptmann begeistert

Landesregierung und Lokalpolitik sind von dem Bauvorhaben ebenfalls begeistert. Die neue Bahn sei "nicht nur ein wichtiger Schritt für den Wintersport in der Region, sondern auch für den Sommertourismus", sagt Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP). Sein Parteifreund, Bürgermeister Axel Ellmer, spricht von einem Generationenprojekt: "Das ist eine Investition, die uns über Generationen hinaus viel Freude bereiten wird", sagt Ellmer.

"Das wird eine Autobahn"

Die Generationenfrage betonen freilich auch die Kritiker solcher Megaprojekte. Der Tourismus sei zweifelsfrei wichtig, sagt beispielsweise die Landesvorsitzende des Salzburger Alpenvereins, Claudia Wolf. Man müsse aber lernen, "mit dem auszukommen, was wir haben", sagt Wolf.

Wolf kritisiert, dass nicht nur die Seilbahn erneuert werde, sondern gleich de facto eine neue Piste entstehe. "Da werden ganze Hänge versiegelt", verweist die Alpenverein-Chefin auf die immer häufiger auftretenden Naturkatastrophen: "Aus einer Schnellstraße wird wohl eine Autobahn werden", beschreibt sie die Situation am Grießenkareck.

Sie verlangt von den Wintertouristikern nicht nur einen schonenderen Umgang mit den vorhandenen Ressourcen, sondern fragt auch: "Muss man wirklich jeden Trend mitmachen?" WLAN und Sitzheizungen seien vielleicht nicht unbedingt notwendig, meint sie im STANDARD-Gespräch.

Sargnagel für das Klima

Dem – auch unter Bergsteigern und in Alpenverein-Kreisen häufig zu hörenden – Argument, dass in den Skigebieten die Naturzerstörung bereits so weit fortgeschritten sei, dass man dort die Seilbahnwirtschaft einfach weiterbauen lassen und nur unberührte Landschaftsteile schützen solle, kann Wolf jedoch wenig abgewinnen: Jeder versiegelte Hang sei "ein weiterer Sargnagel für das Klima".

Touristische Alternativen seien sehr wohl vorhanden. Gerade jene Regionen, die im Ruf standen, die Entwicklung "verschlafen" zu haben, würden jetzt von der neu entstandenen Natursehnsucht profitieren. (Thomas Neuhold, 27.9.2021)