Bild nicht mehr verfügbar.

Wer sein Unternehmen rechtzeitig vor einer Pleite sanieren will, dem hat der Gesetzgeber mit der Restrukturierungsordnung ein neues Instrument in die Hand gegeben. Dieses muss sich erst bewähren.

Foto: Getty Images / Image Source / Regine Mahaux

Seit Mitte Juli steht bestandsgefährdeten Unternehmen mit dem Inkrafttreten der Restrukturierungsordnung (ReO) ein neues Werkzeug zur Erleichterung ihrer Sanierung zur Verfügung. Die ReO setzt die EU-Restrukturierungs-Richtlinie um und richtet sich an in wirtschaftliche Schieflage geratene Unternehmen – ebenso wie das Unternehmensreorganisationsgesetz (URG), das in der Praxis weitgehend unbeachtet geblieben ist.

Die ReO setzt präventiv vor einer Insolvenz ein und gibt Unternehmen die Möglichkeit, durch eine rechtzeitige Restrukturierung eine Zahlungsunfähigkeit abzuwenden und ihre Bestandsfähigkeit sicherzustellen. Es soll die Lücke zwischen einer außergerichtlichen Sanierung und einem insolvenzgerichtlichen Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung schließen.

Das neue Instrument kam gerade zur richtigen Zeit, um Unternehmen zu helfen, die durch die Covid-19-Krise finanziell geschwächt worden sind und nun in eine Insolvenz zu schlittern drohen. Ob es diesen Zweck erfüllen kann, lässt sich nach zwei Monaten noch nicht sagen.

Schon vor der Pandemie

Sein Werdegang hat jedenfalls nichts mit der Pandemie zu tun: Die entsprechende EU-Richtlinie stammt aus dem Jahr 2019, als von Corona noch nicht die Rede war. Die ReO ist auch nicht auf die Sanierung von Unternehmen bestimmter Branchen gerichtet, die von der Krise besonders betroffen wurden, und kann für diese auch keine Wunder bewirken.

Zwar gibt es derzeit zahlreiche Unternehmen, die zwar überschuldet, aber formal nicht zahlungsunfähig sind, und deshalb ein Restrukturierungsverfahren statt eines gerichtlichen Insolvenzverfahrens einleiten dürften. Doch besteht aufgrund der Marktsituation keine Fortführungsperspektive, wird auch eine Restrukturierung nicht vor der drohenden Insolvenz retten.

Es geht um Finanzschulden

Hinzu kommt, dass die ReO nicht für die breite Masse ausgelegt ist. Sie dient im Wesentlichen dazu, belastende Finanzverbindlichkeiten neu zu gestalten und sieht dafür in Anlehnung an die Rechtsstellung der Gläubiger die Bildung von unterschiedlichen Gläubigergruppen vor. Diese Zielsetzung lässt sich unter anderem in den erläuternden Bemerkungen zu § 45 ReO, der das vereinfachte Restrukturierungsverfahren regelt, erkennen.

Dort hielt der Gesetzgeber fest, dass der Begriff der Finanzgläubiger weit auszulegen ist und nicht bloß Forderungen von Kredit- und Leasinginstituten mit einschließt, sondern sämtliche Forderungen mit Finanzierungscharakter wie etwa Forderungen aus Anleihen und anderen vergleichbaren Instrumenten oder Forderungen von Lieferanten mit untypisch langen Laufzeiten.

Andere Belastungen

Die meisten bestandsgefährdeten Unternehmen sind allerdings nicht bloß mit hohen Finanzverbindlichkeiten konfrontiert, sondern auch mit anderen Belastungen – etwa ungünstigen Verträge oder einem erhöhten Personalstand, den es rasch und aus der Sicht der Unternehmen kosteneffizient abzubauen gilt.

Doch dafür bietet die ReO keinerlei Lösungsansätze. Im Gegenteil: So stellt § 3 Abs 1 Z 1 ReO klar, dass bestehende und künftige Forderungen derzeitiger oder ehemaliger Arbeitnehmer im Hinblick auf einen möglichen Schuldenschnitt nicht angetastet werden dürfen.

Hoher Kostenaufwand

Auch sind Restrukturierungsverfahren aus der Sicht der Unternehmen mit einem signifikanten Kostenaufwand verbunden. Sowohl vor der Einleitung eines Verfahrens, und in dessen Zuge bedarf es einer fundierten und intensiven Beratung durch Experten.

Abgesehen von den komplexen rechtlichen Bestimmungen der ReO wird auch das Einholen zahlreicher Gutachten erforderlich sein, darunter ein Sanierungsgutachten, das die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens im Fall der Umsetzung der im Restrukturierungsplan dargelegten Maßnahmen bescheinigt.

Teurer als Alternativen

Dazu kommen die Kosten eines Restrukturierungsbeauftragten. Insgesamt kann man davon ausgehen, dass ein Restrukturierungsverfahren teurer ist als die bisher schon verfügbaren Instrumente, die außergerichtliche Sanierung und das insolvenzgerichtliche Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung.

Aus all diesen Gründen ist zu erwarten, dass vor allem größere Unternehmen mit hohen Finanzverbindlichkeiten von dieser Neuerung Gebrauch machen werden, um ihre Schuldenlast zu reduzieren. Für die breite Masse an heimischen Unternehmen hat sich für den Fall einer Schieflage wenig geändert. (Wolfgang Sindelar, 27.9.2021)