Dem französischen Dirigenten Alain Altinoglu wurde nach dem Konzert viel Dankbarkeit zuteil.

Foto: Marco Borggreve

Es dauert derzeit etwas länger, um ins goldene Zentrum der österreichischen Musikkultur zu gelangen. Zutrittskontrollen. Alle scheinen sich bei der Saisoneröffnung der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien mit den Wiener Philharmonikern sicher fühlen zu dürfen, sicherer jedenfalls als beim "Passt scho"-Augenzwinkern des Herrn Ober im Kaffeehaus nebenan.

Derart lückenlos "G"-prüft, wurde im Anschluss an das Eröffnungskonzert sogar "auf ein Glas" mit Alain Altinoglu und Gautier Capuçon, dem Dirigenten und dem Solisten, geladen. Und viel mehr als eines dürfte es nicht geworden sein, standen doch noch die beiden Abonnementkonzerte des Orchesters im Goldenen Saal am Samstag und Sonntag – inmitten eines großen Veranstaltungsreigens im Musikvereinsgebäude – bevor.

Unnachahmlich elastisch

Inmitten dieser ohnehin nicht alltäglichen Konstellation gab es nach dem Samstagskonzert eine rar gewordene Geste der Dankbarkeit: Der Applaus war schon verstummt, als einige Unverdrossene nochmals zu klatschen begannen und Altinoglu ein weiteres Mal auf die Bühne holten. Die Besonderheiten seines Musizierens sind nicht leicht in Worte zu fassen: César Francks Symphonie d-Moll stand in ihren mächtigen Konturen pastos und fast holzschnittartig da, zugleich verstand es der Maestro, einen nachdenklichen, fast zögerlichen, fragilen Tonfall einzuweben, wobei ihm die Philharmoniker unnachahmlich elastisch und spontan folgten.

Ähnliches hatte er schon bei Antonín Dvořáks Cellokonzert h-Moll bewerkstelligt, bei dem Gautier Capuçon wie immer mit großzügigem Sound und Vibrato fesselte. Zum Höhepunkt wurde aber die Zugabe Das Lied an den Mond aus Dvořáks Oper Rusalka: Capuçon bot innigen, höchst stimmigen Gesang, und Altinoglu zeigte mit dem Orchester eine schier unübertreffliche Meisterschaft der Begleitung: schwebend, fließend, anschmiegsam und wundervoll zart – als würde einfach nur zugehört und dabei mehr gespürt, als sich mit Worten sagen lässt. (Daniel Ender, 27.9.2021)