Für MFG-Spitzenkandidat Joachim Aigner war es ein "historischer Tag".

APA/TEAM FOTOKERSCHI

Landeshauptmann Thomas Stelzer fuhr mit der ÖVP 37,6 Prozent der Stimmen ein, das ist ein Plus von 1,3 Prozentpunkten.

Foto: APA/ Foto Kerschi

Linz – Über eine Million Oberösterreicher und Oberösterreicherinnen haben entschieden – und mit ihrem Stimmverhalten für eine politische Überraschung im Land ob der Enns gesorgt. Die impfskeptische Liste MFG (Menschen, Freiheit, Grundrechte) schaffte den Einzug in den Landtag. Gegründet erst vor gut einem Jahr als unscheinbare Chatgruppe, hat die MFG offensichtlich entsprechend viele Corona-Kritiker überzeugen können – und knackte mit mehr als sechs Prozent die Vierprozenthürde deutlich. (Hier alle Ergebnisse im Überblick)

Die Stimmung war im MFG-Lager entsprechend euphorisch. "Wir haben mit einem Einzug gerechnet, aber dass es so deutlich ist, ist für uns einfach unfassbar. Es ist alles gelungen. Der Wahlkampf ist voll aufgegangen. Es ist ein historischer Tag", sagte MFG-Spitzenkandidat Joachim Aigner im STANDARD-Gespräch. Die Partei wurde erst im Februar in Wien gegründet, im Juli wurde Aigner mit seinem Team zum Landesvorstand gewählt.

Schwarze Pole-Position

Unangefochten Nummer eins in Oberösterreich bleibt die ÖVP, wenn auch der angepeilte Vierer mit 37,6 Prozent nicht erreicht werden konnte. Für die ÖVP brachte die Wahl damit gegenüber 2015 (36,37 Prozent) nur ein leichtes Plus. In der schwarzen Landesparteizentrale war man dennoch gemeinsam mit Bundeskanzler Sebastian Kurz in Feierlaune. Kurz zeigte sich hörbar zufrieden und gratulierte Stelzer zum "großartigen Wahlergebnis". Die hohe Zustimmung sei "Ausdruck der hervorragenden Arbeit" in den vergangenen Jahren.

Auch Landeshauptmann Stelzer gab sich zufrieden: "Ich bin sehr dankbar, dass wir, obwohl zwei Parteien im Landtag dazugekommen sind, dazugewinnen konnten." Aufkeimender Kritik, dass die ÖVP dennoch das Wahlziel von 40 Prozent versäumt habe, begegnete Stelzer in der Elefantenrunde von "Kronen Zeitung" und Puls 24 scharf: "Wenn der Erste noch dazugewinnt, dann gibt es da nichts herumzudeuteln."

Das wiederholte Stelzer auch Montagfrüh im Ö1-"Morgenjournal": Dass seine Partei angesichts der Umstände "noch einmal dazulegen konnte", sei aus seiner Sicht "ein wirklich schöner Erfolg, vor allem wenn man es zum Verhältnis zu den Wahlen sieht, die gestern auch stattgefunden haben, in Deutschland oder der Steiermark". Dort hätten die Ersten massiv verloren, "wir haben massiv dazugewonnen, das kann man aus meiner Sicht nicht schlechtreden". Ob die Fortsetzung der Koalition mit der FPÖ als fix gelte, wollte er sich nicht entlocken lassen: Er führe "offene Gespräche" mit allen. Für welche Partei er sich entscheiden werde, hänge vom Ergebnis dieser Gespräche ab, aber auch davon, wie man auf persönlicher Ebene miteinander auskomme.

Gespräche mit allen

Auf eine Prognose hinsichtlich einer künftigen Partnerschaft wollte sich Stelzer am Wahlabend nicht einlassen: "Wir werden mit allen Gespräche führen."

Rein rechnerisch würde sich im Moment eine Zusammenarbeit mit der FPÖ, der SPÖ und knapp auch mit den Grünen ausgehen.

Der bisherige Koalitionspartner FPÖ muss mit 19,8 Prozent die erwarteten Einbußen von rund einem Drittel der Wählerstimmen hinnehmen – 2015 stimmten noch satte 30,36 Prozent für die Blauen. Dennoch zeigte sich Parteichef Manfred Haimbuchner zufrieden: "In Zeiten, in denen ein Minus davorsteht, sollte man nicht depressiv sein. Wir sind klar zweitstärkste Kraft geblieben."

Wels bleibt blau

Trotz eines deutlichen Minus gab es auf blauer Seite auch klare Gewinner an diesem denkwürdigen Wahlabend: Wels bleibt eindeutig blau. Andreas Rabl konnte bei der Gemeinderatswahl seinen Bürgermeistersessel verteidigen. Mit 60,1 Prozent muss das blaue Stadtoberhaupt nicht einmal in die Stichwahl.

Gesamt gesehen musste die FPÖ aber ordentlich Federn lassen. Die Freiheitlichen gewannen in keinem der 438 Orte dazu. In der blauen Hochburg Sankt Georgen am Fillmannsbach etwa behauptete die FPÖ zwar ihren ersten Platz, mit 42,16 Prozent fuhren die Freiheitlichen allerdings einen schweren Verlust ein. Die SPÖ schlug sich in ihren Hochburgen durchwachsen. Insgesamt wurde die Landkarte großflächig schwarz gefärbt, während blaue und rote Flecken deutlich zurückgingen.

Roter Dämpfer

Der SPÖ ist es auch 2021 nicht gelungen, die politische Talsohle zu verlassen: Gegenüber 2015 (18,37 Prozent) konnte man nur minimal auf 18,6 Prozent zulegen. In der Parteizentrale reagierte man vorerst noch zurückhaltend. Es sei "ein wirklich guter Wahlkampf gewesen", bilanzierte Parteichefin Birgit Gerstorfer. Das erhoffte Kopf-an-Kopf-Rennen mit der FPÖ um Platz zwei wurde es dennoch nicht. Persönliche Konsequenten schloss Gerstorfer aus.

Die Grünen zeigten sich mit 12,3 Prozent höchst zufrieden. Landeschef Stefan Kaineder ortet überhaupt ein "historisches Ergebnis". Und der grüne Parteichef deutete in der abendlichen Elefantenrunde in Richtung Stelzer an, dass er das Ergebnis als "klaren Regierungsauftrag" sehe.

Erneut zur absoluten Zitterpartie wurde die Wahl für die Neos. Doch anders als vor sechs Jahren konnte Spitzenkandidat Felix Eypeltauer nun mit seinem Team die Vierprozenthürde mit 4,2 Prozent nehmen. In dem starken MFG-Abschneiden sieht Eypeltauer eine "schallende Ohrfeige für die inkonsequente Corona-Politik dieser Bundes- und Landesregierung". Im Landtag wolle man künftig den "Allmächtigen auf die Finger schauen", kündigte Eypeltauer an. (Markus Rohrhofer, 26.9.2021)