Die junge Generation wird voraussichtlich doppelt so viele Waldbrände und dreimal so viele Ernteausfälle erleben wie die Generation der Babyboomer.
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Dass der Klimawandel die Menschheit vor immer größere Herausforderungen stellt, dürfte den meisten klar sein. Wenn der globale Temperaturanstieg nicht durch das Absenken der Emissionen auf 1,5 Grad begrenzt werden kann, werden selbst nach konservativen Schätzungen starke Zunahmen an Extremwetterereignissen erwartet. Das verdeutlicht unter anderem der erste Teil des aktuellsten IPCC-Berichts.

Dementsprechend ist es auch logisch, dass Kinder, die 2020 geboren wurden, im Laufe ihres Lebens statistisch häufiger diesen Extremereignissen ausgesetzt sind. In welchen Größenordnungen dies zu erwarten ist, das errechnete ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung des Internationalen Instituts für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien: Es verglich die Prognosen dieser Generation mit jenen, die in etwa auf ihre Großelterngeneration zutreffen, nämlich auf im Jahr 1960 Geborene.

Im Durchschnitt fallen in die Lebenszeit von kürzlich Geborenen weltweit doppelt so viele Waldbrände, dreimal so viele Überschwemmungen und Ernteausfälle sowie siebenmal so viele Hitzewellen, heißt es in der Arbeit, die im Fachjournal "Science" veröffentlicht wurde. Dies trifft für den Fall zu, dass die Länder dieser Erde ihre aktuellen Strategien zur Reduktion von Treibhausgasen beibehalten.

Not okay, Boomer

Zu diesen Ergebnissen kamen die IIASA-Forscher Joeri Rogelj, Nikolay Khabarov, Wolfgang Lutz und Yoshihide Wada sowie ihre Kolleginnen und Kollegen folgendermaßen: Sie legten vorhandene Daten zu globalen Temperaturverläufen und Projektionen für Extremwetterereignisse mit Bevölkerungsdaten und Lebenserwartungszahlen übereinander. Dabei betrachteten sie unterschiedliche Szenarien, was die Erhöhung der weltweiten Durchschnittstemperatur angeht.

Ein Beispiel: Eine 1960 geborene Person erlebt der Rechnung zufolge im Schnitt etwa zwei bis sechs Hitzewellen. In die Lebenszeit eines 2020 geborenen Kindes fallen dagegen durchschnittlich zehn bis 26 Hitzewellen, wenn der globale Temperaturanstieg auf 1,5 Grad begrenzt wird. 15 bis 29 Hitzewellen sind es bei einem Anstieg von 2,0 Grad – und 21 bis 39 Hitzewellen, wenn die derzeitigen Klimastrategien der Regierungen beibehalten werden.

Einen Anstieg gibt es demnach auch bei anderen Extremwetterereignissen, zum Beispiel Waldbränden. Menschen, die heute jünger als 40 Jahre sind, würden "ein bisher nie dagewesenes Leben" führen, was Dürren, Hitzewellen, Überschwemmungen und Ernteausfälle angehe, sagt Erstautor Wim Thiery von der Freien Universität Brüssel. Die Ergebnisse zeigten eine ernsthafte Bedrohung für die Sicherheit der jungen Generationen und legten drastische Emissionsreduzierungen nahe.

Nordafrika und östlicher Mittelmeerraum stark betroffen

Besonders stark wird der Anstieg von Extremwetterereignissen demnach für junge Menschen im Nahen Osten und in Nordafrika sein. Grundsätzlich werden junge Generationen in Ländern mit geringem Durchschnittseinkommen laut der Prognose stärker betroffen sein als jene, die in reicheren Ländern geboren werden und leben. Kinder, die zwischen 2016 und 2020 im Afrika südlich der Sahara geboren wurden, erleben fünfeinhalb- bis sechsmal häufiger Extremwetter.

Aber auch Europa wird es treffen: Hier werden für heutige Kleinkinder etwa viermal mehr Extremwetterereignisse prognostiziert. Die Zahlen auf einzelne Länder herunterzubrechen ist dem Forschungsteam zufolge schwierig. Belastbar seien die Durchschnittswerte, wenn man sie auf kontinentaler Ebene oder für sehr große Länder betrachte.

Klimaschutz ist Schutz der Jungen

"Die gute Nachricht ist: Wir können tatsächlich einen Großteil der Klimabelastung von den Schultern unserer Kinder nehmen, wenn wir die Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius begrenzen, indem wir aus der Nutzung fossiler Brennstoffe aussteigen", sagt Mitautorin Katja Frieler vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK).

Angesichts der derzeitigen Aussichten für andere Maßnahmen wie das Abscheiden und Speichern von Kohlenstoffdioxid aus der Luft dürfte dieser Weg unvermeidbar sein, auch wenn mehrere Arten der Intervention nötig sind. Wenn man den Schutz in Zahlen ausdrückt, sieht das so aus: Global wäre die junge Generation von 24 Prozent weniger Extremwetterereignissen betroffen – im Vergleich zur Entwicklung, wenn die Staaten bei ihren derzeitigen Zusagen zur Emissionsreduzierung bleiben, sagt Frieler. Für Europa wäre es ein Minus von 28 Prozent. (red, APA, 27.9.2021)