SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner mit Spitzenkandidatin Birgit Gerstorfer und dem Linzer Bürgermeister Klaus Luger: Der Jubel vom oberösterreichischen Kampagnenfinale währte nicht über den Wahlabend hinaus.
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Einmal gewonnen, zweimal stagniert, und das alles von niedrigem Niveau aus: Der Wahlsonntag löste bei den Sozialdemokraten gemischte Gefühle aus. Welche Botschaften hatten die Wähler für die SPÖ parat?

Hoffnung löst der Blick nach Deutschland aus. Die Schwesterpartei SPD hat sich nicht nur nach einem desaströsen Umfragetief mit 25,7 Prozent der Stimmen zur stärksten Partei aufgeschwungen. Mit Olaf Scholz klopft auch ein Mann am Kanzleramt an, den die eigene Basis vor zwei Jahren nicht einmal zum Parteichef wählen wollte. Das kann der von ihren Genossen vielkritisierten SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner Mut machen.

Damit sind die Parallelen nicht erschöpft. "Das Auffälligste an Scholz war im Wahlkampf seine Unauffälligkeit", sagt Peter Filzmaier, "und diese Unauffälligkeit hat Rendi-Wagner auch." Doch die SPÖ-Chefin könne den Umstand, dass sie in der politischen Debatte wenig vorkomme, nicht ernsthaft zu einer Strategie kultivieren, fügt der Politologe an. Scholz’ Masche habe "kurioserweise" in der spezifischen deutschen Situation gepasst, wo sich CDU und Grüne als Gegner Pannen geleistet und sich aufgerieben hätten: "Davor hat das auch bei der SPD nicht geklappt."

Konkurrenz schwächelt – SPÖ auch

Filzmaier legt der SPÖ eine andere Erkenntnis aus dem Wahltag ans Herz: Eine schwächelnde Konkurrenz bedeute nicht, dass die eigene Partei automatisch gewinne – siehe Oberösterreich. Dort hat mit der Ibiza-gebeutelten FPÖ jene Partei mehr als zehn Prozent der Stimmen verloren, die den Sozialdemokraten über Jahrzehnte Wähler abgegraben hat. Doch profitiert hat die SPÖ davon nicht. Das Plus fiel mit 0,21 Prozent mickrig aus.

Die SPÖ habe im Industrieland "nichts von dem aufbieten können, was politische Kommunikation in Wahlkämpfen braucht", sagt Filzmaier – weder eine charismatische Spitzenkandidatin noch inhaltliche Themenführerschaft noch eine starke Organisation. Gänzlich anders sei das in der Bundespartei nicht. Themenführerschaft habe die SPÖ nirgends mehr, und die Schlagkraft leide unter einem Dilemma: Wenn die letzte Stammwählerschaft aus älteren Ex-Arbeitern besteht, tue sich eine Partei mit Modernisierung schwer.

Raus aus der Schlangengrube

Ähnliches Bild in Graz, dem dritten Schauplatz. Wieder hat ein Konkurrent, in dem Fall die bisherige Bürgermeisterpartei ÖVP, viel für den eigenen Niedergang getan – wieder konnten die Sozialdemokraten nicht die Ernte einfahren. Während die KPÖ feiert, grundelt die SPÖ weiter unter zehn Prozent herum.

In Graz habe die Partei mit langjährigen Streitereien nachhaltig Kredit verspielt, analysiert Filzmaier, "eine Schlangengrube war im Vergleich dazu ein Kuscheltreffen". Hier schließt sich der Kreis zu Deutschland. Der SPD sei es gelungen, interne Konflikte vergessen zu machen. Lehre für die SPÖ: "Noch eine Runde Rendi-Wagner gegen die Landeshauptleute auf offener Bühne braucht’s nicht." (Gerald John, 28.9.2021)