Bettina Jarasch will den Wohnungskonzernen ordentlich Druck machen.

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Berlin – Sie sei doch nicht naiv, sagt Bettina Jarasch, die grüne Spitzenkandidatin für die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus, am Sonntagabend auf der grünen Wahlfeier: Natürlich habe sie für den Volksentscheid "Deutsche Wohnen und Co enteignen" gestimmt, denn: "Die Konzerne senken doch niemals freiwillig die Mieten, ich will sie an den Verhandlungstisch zwingen und den Entscheid als Druck benutzen."

Dass die 53-jährige Jarasch mit der nächsten Berliner Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) mit am Verhandlungstisch sitzen wird, ist sicher. Dabei war die Augsburgerin Jarasch, die als junge Frau zum Studium der Philosophie und Politikwissenschaften an der Freien Universität nach Berlin kam, der breiten Masse der Berlinerinnen und Berliner nicht unbedingt ein Begriff.

Selten im Rampenlicht

Denn als Politikerin stand sie selten im Rampenlicht. Innerparteilich spielte die ehemalige Autorin und Journalistin aber schon länger eine Rolle. Sie war Referentin in der grünen Bundestagsfraktion, als sie von Renate Künast 2005 als Vorstandsreferentin angeheuert wurde. 2009 stieg sie in den Berliner Landesvorstand der Partei auf und half den Berliner Grünen auch durch eine Krise nach einer erfolgreichen und intern dennoch enttäuschenden Abgeordnetenhauswahl.

Mitstreiter attestieren ihr einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und das Talent, wirklich zuhören zu können. Als Jarasch aber 2017 für den Bundestag kandidieren wollte, verhinderte das die Parteibasis.

Diesmal hat die Stunde der Grünen aus der zweiten Reihe, die auch jahrelang innerhalb der katholischen Kirche aktiv war, geschlagen. Dass sie einen Gewinn von 3,7 Prozentpunkten für ihre Partei erzielen konnte, überraschte sie selbst am allerwenigsten. "Ich habe mich eher über die Umfragen gewundert, weil die passten nicht zu dem Gefühl, das ich beim Wahlkampf auf der Straße hatte. Nämlich ein sehr gutes", erzählt Jarasch dem STANDARD hörbar unbeeindruckt, aber erfreut. (Colette M. Schmidt aus Berlin, 27.9.2021)