Rapids Sportchef Zoran Barisic.

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Trainer Didi Kühbauer, der einen Vertrag bis 2023 hat.

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Rapid ist absolut bereit, die Mechanismen des Fußballs außer Kraft zu setzen. Das ist eine beinharte Aufgabe, sie verlangt Mut und Durchhaltevermögen. Hat man nach neun gespielten Runden in der Bundesliga acht Zähler (fünf Niederlagen!) und liegt auf Platz elf, ist das laut Trainer Didi Kühbauer "nicht das Gelbe vom Ei. Wir haben uns das alles ganz anders vorgestellt." Zum Vergleich: Meister Salzburg hält bei 27 Punkten, Sturm Graz immerhin bei 20. Da ist die Halbierung nach dem Grunddurchgang auch schon wurscht.

Kühbauer war am Sonntagabend, kurz nach dem 0:3 gegen Sturm, etwas heiser. Der leichte Stimmverlust war bereits in anderen Partien auffällig, er hat eben an der Linie viel zu sagen, viel zu schreien. Präsident Martin Bruckner hatte schon vor der Schlappe versichert, "dass wir vollstes Vertrauen in den Didi haben, sonst hätten wir im Sommer nicht mit ihm verlängert. Wir werden es trotzdem gut rüberbringen, und dann werden sich diese Fragen auch nicht mehr stellen." Nach der Tachtel blieb Bruckner konsequent bei seiner Aussage.

Der 50-jährige Kühbauer zeigt in dieser äußerst schwierigen Phase Würde. Er verzichtet auf Schuldzuweisungen, stellt sich hinter seine Spieler. "Die Mannschaft ist intakt, hat Moral und Willen. Sie ist in der Lage, die Wende zu schaffen." Er selbst werde weiterkämpfen. In der Tat zählte das 0:3 gegen Sturm zu den besseren Auftritten. Der siegreiche Trainer Christin Ilzer bezeichnete Rapid als "extrem starken Gegner". Und er meinte es überhaupt nicht zynisch. "Sie haben eine Ergebniskrise." Ilzer lehnte es ab, Kühbauer gute Tipps zu geben. "Er muss das selbst moderieren."

Wenig Unterschied

Und der stellte moderat fest, dass es "leistungstechnisch nicht erkennbar war, dass der Zweite gegen den Elften gespielt hat". Und er verwies auf die Tatsache, "dass der Dritte Austria Klagenfurt nur vier Punkte mehr hat". Die Wiener Austria, das finanzielle Armutschkerl, hat drei mehr. Wobei er, Kühbauer, "nichts schönreden möchte".

Fakt ist: Rapid hat seit Mitte Juli bereits 19 Pflichtpartien absolviert, um vier mehr als etwa Sturm. Das lag an der europäischen Qualifikationsmühle, wobei es Sinn machte, ein Teil der Gruppenphase der Europa League zu werden. Es wird eher regeneriert als trainiert.

Das Personal ist müde, ausgelaugt, auf der Suche nach Zielstrebigkeit, Lockerheit. Die Ärzte rieten dringend davon ab, Ercan Kara und Maximilian Hofmann gegen Sturm einzusetzen. Kühbauer gehorchte: "Ich bin ja nicht wahnsinnig, die Gesundheit meiner Leute aufs Spiel zu setzen, schwere Verletzungen zu riskieren." Er wies darauf hin, dass Sturm einen größeren, breiteren Kader besitze. Dass in seinem Team ein zu großes Leistungsgefälle besteht, hat er nicht bejaht.

Fehlendes Glück

Über Glück und Pech lässt es sich vorzüglich philosophieren. Ob der Fußball gerecht ist, weiß man aber nicht einmal bei Rapid. Kühbauer: "Das Wort Glück schaut nicht bei uns vorbei." Am Donnerstag steht die Europa League in London gegen West Ham an, das klingt nach Unglück. "Wir sind Außenseiter."

Zoran Barisic, der Geschäftsführer Sport, sieht in dem "Negativlauf" auch eine Prüfung. "Eine Prüfung für uns alle, aus der wir gestärkt rauskommen müssen." Eine Trainerdiskussion sei nicht zielführend, sagt er dem STANDARD. "Wir können es nur gemeinsam schaffen, eine positive Energie auf den Platz bringen. Die Qualität hat jeder Einzelne." Wobei Barisic ergänzt: "Wir sollten schnellstens auf die Siegerstraße zurückkehren." Selbstkorrektur: "Gegen West Ham kann man das nicht erwarten."

Die Rapid-Fans sind (noch) relativ ruhig, kein gellendes Pfeifkonzert im Allianz-Stadion nach dem 0:3. Sie haben keinen Schuldigen an der Misere ausgemacht. Was nicht ist, kann jederzeit werden.

Am Sonntag steigt das Heimspiel gegen die WSG Tirol, den Tabellenletzten, also Elfter gegen Zwölfter. Da gilt in Sachen Corona die 2G-Regel. Die Fan-Klubs vom Block West haben angekündigt, sich das nicht gefallen zu lassen. Sie werden entweder schweigen oder überhaupt daheim bleiben. Impfen wäre die klügere Maßnahme.

Rapid wird nach dem London-Trip etwas müde sein, die WSG Tirol könnte das schamlos ausnützen. Kühbauer glaubt aber fest an seine Mannschaft. Sollte es ein Irrglaube sein, wird der Mechanismus über Rapid zumindest lächeln. (Christian Hackl, 27.9.2021)