Mit Hilfe eines Prognosetools wird errechnet, welche Sonneneinstrahlung in den nächsten Tagen erwartbar ist.

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Graz – Fallende Preise sowie die zunehmende Verbreitung von Wärmepumpen und E-Autos sorgen dafür, dass Sonnenenergie vor allem zur Stromerzeugung in Photovoltaikanlagen genutzt wird. Doch in vielen Industriebereichen steigt auch weiterhin eine direkte thermische Nutzung dank Solarthermietechnik. Mit vergleichsweise hohen Wirkungsgraden kann hier Prozesswärme für Produktionsschritte etwa in Agrar- und Nahrungsmittelindustrie bereitgestellt werden.

Im EU-Projekt "Ship2Fair" haben sich die 15 beteiligten Partner das Ziel gesetzt, Planung, Design und Regelung dieser Energieform besser an die Anforderungen der Industrie anzupassen. Die Solarthermie soll in das Zeitalter der Digitalisierung und Automatisierung geholt werden. Eine der Herausforderungen dabei ist, die Vorhersage künftiger Solarerträge zu optimieren. Immerhin sind diese von vielen Faktoren abhängig: natürlich von Jahreszeit und Wetter, aber auch von Verlusten durch Verschmutzung und Abstrahlung.

Solarertrag

In einem Projektarbeitspaket, das vom Kompetenzzentrum Bioenergy and Sustainable Technologies (BEST) in Graz geleitet wird, wurde ein Werkzeug entwickelt, das diese Prognose maßgeblich verbessern soll. Dadurch soll das im Fachjournal "Applied Energy" vorgestellte System das Zusammenspiel von Solarthermie mit anderen Energie- und Produktionsanlagen effizienter gestalten. BEST wird im Rahmen des Comet-Programms von Wirtschafts- und Klimaschutzministerium durch die Förderagentur FFG unterstützt.

"Durch unsere Methode weiß man genau, mit welchem Solarertrag man rechnen kann", erklärt Viktor Unterberger vom Bereich Automation and Control bei BEST. "Dadurch kann man sicherstellen, dass der gesamte Ertrag tatsächlich genutzt wird." Einerseits werden Überhitzungen verhindert, andererseits wird das Zuschalten anderer Energiequellen, etwa Gasboiler, auf ein notwendiges Minimum beschränkt. Solarthermie kann man nicht nach Belieben ein- und ausschalten – diese Schwierigkeit kann so besser gemanagt werden.

Dreistufiger Ansatz

Grundlage des Prognosetools von Unterberger und Kollegen ist ein physikalisches Modell der Anlage, das auf Basis von aktuellen Messdaten aktuell gehalten wird. Es berücksichtigt optische und Abstrahlungsverluste und errechnet die Wärme, die letztendlich netto nutzbar ist. Ein darauf aufbauender, dreistufiger Ansatz rechnet in die Zukunft: Daten von Vortagen, die zur gleichen Uhrzeit ähnliche Verschattung und Sonnenstand beschreiben, werden herangezogen und mit detaillierten Wettervorhersagedaten kombiniert.

Das Ergebnis zeigt, welche Sonneneinstrahlung in den nächsten Tagen erwartbar ist. Als drittes Element kommt ein Korrekturmechanismus hinzu, erklärt der Forscher. Das System registriert, wie weit die aktuellen Ist-Daten von der Prognose abweichen, und schärft auf dieser Basis die Voraussagen für die kommenden Stunden nach.

Der Rechenaufwand bleibt gering genug, um das System auf üblichen Steuergeräten laufen zu lassen. Dennoch erreicht es eine Genauigkeit, die jene von Standardmethoden um das Zwei- bis Dreifache übersteigt, betont Unterberger. "Wir reduzieren Fehlprognosen auf lediglich fünf Prozent." (Alois Pumhösel, 7.10.2021)