Das Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) hat wieder einmal zugeschlagen. Die selbsternannte Denkfabrik, die mit ihren teils umstrittenen Kunstaktionen immer wieder für Menschenrechte eintritt und inhumane Politik kritisiert, hat sich für die neueste Aktion eines ihrer beliebtesten Opfer ausgesucht: die rechtsextreme Partei Alternative für Deutschland (AfD).

Einige Zeit vor der deutschen Bundestagswahl gaukelte das ZPS allen AfD-Orts- , Kreis- und Landesverbänden die Gründung einer auf politische Werbung spezialisierten Firma vor, die mit ihren 17 Verteilerzentren "auch den letzten Winkel der Bundesrepublik und jeden Haushalt erreichen könne". Was die AfD zu diesem Zeitpunkt nicht wusste und auch nicht genauer nachrecherchierte: Die Firma namens "Flyerservice Hahn" existiert nicht einmal auf dem Papier, und die AfD war der einzige Kunde, der lukriert werden sollte. Die angegebene GmbH hatte laut ZPS weder eine Adresse noch einen Handelsregistereintrag oder eine Steuernummer. Die AfD behauptet zumindest bei der Steuernummer anderes: nämlich dass diese geklaut gewesen sei. Recherchen des ARD-Journalisten Daniel Laufer zeigen, dass tatsächlich eine vermeintliche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer sowie eine falsche Registernummer beim AG Darmstadt angegeben wurden, die noch vor ein paar Jahren einer anderen Firma gehörten.

Zentrum für Politische Schönheit

Dank "unschlagbarer" Preise für die Auslieferung, wie das ZPS sagt, akquirierte man über den Sommer bei der AfD jedenfalls insgesamt 85 Aufträge mit einem Gesamtvolumen zur Verteilung von fünf Millionen gedruckten Flyern. Der Flyerservice Hahn lieferte letztlich freilich keinen einzigen davon aus, hortete diese in einer Halle und sieht sich mitverantwortlich für die relativ geringe Anzahl an verteilter Straßenwerbung durch die AfD.

Klage von AfD, rechtliche Absicherung

Die AfD klagt das ZPS nun nicht nur wegen des nichterfüllten Auftrags, sondern zusätzlich auf Schadensersatz, weshalb das ZPS nun auf seiner Seite Merchandise vertreibt und um Spenden bittet. Es gehe um Geld, mit dem ihre Anwälte die "Kunstfreiheit verteidigen". Die AfD-Flyer wolle man alle vernichten.

Das Zentrum will sich rechtlich allerdings gegen die AfD abgesichert haben. Der Gründer des ZPS, Phlipp Ruch sagte zu "t-online", dass man keine Sorge vor der Justiz habe. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des "Flyerservice Hahn" sei vermerkt, dass keinerlei Fake News oder Parteiwerbung verteilt werde. Zudem habe man noch mehrere Tage vor der Wahl angeboten alle Flyer zum Selbstverteilen zurückzugeben, wenn die Verbände das wollten. In den AGBs heißt es unter dem Punkt "Ausschluss" dass man nachfolgende Aufträge nicht akzeptiere: "Werbung, die gegen die guten Sitten verstößt, religiöse oder politische Propaganda, Falschaussagen, Desinformationen, Preisvergleiche und Hinweise auf die Möglichkeit der Zahlung auf Zeit oder Raten, Werbung für Alkohol und Tabak, Wahlwerbung und politische Information von Parteien und Wahlkandidaten sowie Werbung durch verfassungs- oder demokratiefeindliche Organisationen und Parteien".

Die AGB sollen laut ARD-Investigativ-Journalist Daniel Laufer aber erst seit Kurzem auf der Homepage abrufbar sein. Auch sollen eine Kooperation mit der Deutschen Post sowie die FDP als bisherige Kunden vorgetäuscht worden sein, was für eine deutlich fundiertere Täuschung spricht, als zunächst angedeutet wurde. Geld an das Zentrum für Politische Schönhheit soll jedenfalls keines geflossen sein, wie es auf STANDARD-Anfrage heißt. An andere aber schon: "Wir haben denen eine Iban vom nächsten NPD-Ortsverein (gegeben, Anm.), das Geld soll ja in der Familie bleiben", hieß es dazu vom ZPS.

AfD spricht von Betrug

Der Bundessprecher und Spitzenkandidat der AfD, Tino Chrupalla erklärte kurz vor der Wahl, dass sich eine rechtzeitige Verteilung der Flyer nicht mehr organisieren ließe, weil der Flyerservice Hahn "organisatorische Probleme" bei der Verteilung angegeben habe. "Damit werden sie für unseren Wahlkampf nutzlos", sagte Chrupalla, der damals offenbar schon die Hintergründe erkannte. "Genau darauf kommt es den Hintermännern dieser Aktion, zu denen Vertreter des sogenannten Zentrums für politische Schönheit gehören, offensichtlich an. Sie versuchen, der AfD im Wahlkampf vorsätzlich zu schaden – und das mit einem hohen Maß an betrügerischer Energie. " Diese beispiellose Aktion treffe nicht nur die AfD, so Chrupalla, es sei auch ein "erheblicher Schaden für die Demokratie eingetreten".

In der Vergangenheit fiel das Zentrum für Politische Schönheit beispielsweise mit der Errichtung eines Holocaustdenkmals auf einem gepachteten Nachbargrundstück des Thüringer AfD-Politikers Björn Höcke oder durch die einvernehmliche Überstellung der Leichen von im Mittelmeer ertrunkenen Menschen nach Europa auf. Wegen des Denkmals soll sogar mehr als ein Jahr lang wegen angeblicher "Bildung einer kriminellen Vereinigung" gegen das Zentrum ermittelt worden sein. (Fabian Sommavilla 28.9.2021)