Die Isotopenforscherin Johanna Irrgeher war lange Zeit Vorsitzende einer IUPAC-Subkommission, nun hat sie es an die Spitze der Kommission für Atomgewichte und -häufigkeiten geschafft.
Foto: Rafaela Pröll / Montanuni Leoben / APA

Die Kommission für Atomgewichte und -häufigkeiten ist eine in der Chemie wohlbekannte, traditionsreiche Einrichtung und verzeichnet unter ihren Mitgliedern berühmte Nobelpreisträger wie Francis Aston und Frederick Soddy sowie die Nobelpreisträgerin Marie Curie. Nun steht der Kommission erstmals eine Frau vor, wie die Montanuniversität Leoben berichtet: Die 1984 in Linz geborene Isotopenanalytikerin Johanna Irrgeher wurde für die Periode 2022 bis 2026 einstimmig zur Vorsitzenden gewählt.

In der vor mehr als einhundert Jahren gegründeten Kommission der Internationalen Union für reine und angewandte Chemie IUPAC mit Sitz in Zürich und Sekretariat in Durham (North Carolina, USA) sind international renommierte Forscherpersönlichkeiten aus dem Bereich der Isotopenforschung tätig. Bei Isotopen handelt es sich quasi um verschiedene Formen, in denen Atome eines Elements auftreten können: Ein Isotop des Elements Kohlenstoff beispielsweise hat zwar die gleiche Anzahl an Protonen und Elektronen wie andere Kohlenstoffatome (sechs Protonen, sechs Elektronen), aber die Anzahl der Neutronen fällt unterschiedlich aus. Das häufigste Kohlenstoffisotop ist C-12 mit sechs Neutronen, daneben gibt es aber beispielsweise auch C-13 und C-14 mit sieben bzw. acht Neutronen. C-14, das radioaktiv zerfällt, ist unter anderem in der Paläontologie wichtig: Diese Eigenschaft wird genutzt, um organisches Material zu datieren.

Anpassung der Atomgewichte

"Die Kommission hat die Aufgabe, die Atomgewichte der chemischen Elemente basierend auf der sorgfältigen Auswertung rezenter Daten regelmäßig zu überarbeiten und anzupassen", erklärt die junge Forscherin vom Lehrstuhl für Allgemeine und Analytische Chemie an der Montanuniversität Leoben. "Es ist eine große Ehre, diese Position in der IUPAC zu besetzen und ich werde mein Bestes geben, dieser Rolle gerecht zu werden und die hervorragende Arbeit der vorangehenden Chairs fortzuführen." Zuvor war sie bereits lange Vorsitzende der Subkommission der IUPAC für Isotopenhäufigkeitsbestimmungen.

Da die absoluten Massen der einzelnen Atome von Stoffen ausgesprochen klein sind, hat man eine Verhältnisgröße, die relative Atommasse, eingeführt. Die erste Tabelle der relativen Atommassen wurde 1805 von John Dalton publiziert. Er errechnete die Werte anhand der Massenverhältnisse bei chemischen Reaktionen, wobei er das Wasserstoffatom als Bezugsmasse wählte und auf den Wert 1 festlegte. Mit Entscheidung der Atommassenkommission der IUPAC von 1961 ist das Kohlenstoffisotop C-12 Bezugsbasis mit der Masse von 12. Die relative Atommasse gibt an, um welchen Faktor die Masse des jeweiligen Atoms größer ist als ein Zwölftel der Masse dieses Kohlenstoffisotopes.

Anwendungsorientierte Wissenschafterin

Johanna Irrgeher studierte Biotechnologie und absolvierte ihr Doktoratsstudium an der Universität für Bodenkultur Wien mit Auszeichnung. Von 2015 bis 2018 hatte sie eine Post-Doc-Stelle am Helmholtz-Zentrum in Geesthacht in Deutschland. Seit 2019 ist Irrgeher Senior Scientist an der Montanuniversität Leoben, wo sie die Forschungsgruppe Isotopenanalytik leitet. Außerdem ist sie Lektorin an der Boku und wurde 2018 als Adjunct Professor an die University of Calgary in Kanada berufen. Ausgezeichnet wurde sie unter anderem mit einem Wissenschaftspreis des Landes Niederösterreich und mit dem Loschmidt-Preis der Chemisch-Physikalischen Gesellschaft.

Ihre Forschungsinteressen liegen in der Massenspektrometrie und der Anwendung von Isotopenwerkzeugen in der Medizin, den Umwelt- und Materialwissenschaften. Wie diese aussehen können, zeigt eine kürzlich veröffentlichte Studie, an der Irrgeher mitwirkte: Sie half dabei, anhand eines Mammut-Stoßzahns durch die Analyse von Isotopen die überraschend lange Reiseroute des urzeitlichen Tiers zu rekonstruieren. (red, APA, 28.9.2021)