Gerade ein erfahrener Gebrauchtwagenhändler muss laut OGH Verdacht schöpfen.

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Wer beim Kauf eines Gebrauchtwagens einen frisch ausgestellten Duplikat-Typenschein mitbekommt, sollte laut dem Obersten Gerichtshof (OGH) genauer hinsehen. Ein Gebrauchtwagenhändler hatte eine Fahrzeug bei einem Mann gekauft, dem das Auto gar nicht gehörte. Normalerweise kann der Käufer in so einem Fall dennoch "gutgläubig" Eigentum erwerben.

Das gilt aber dann nicht, wenn er vermuten musste, dass der Verkäufer "unredlich" ist – ihm das Fahrzeug also gar nicht gehört. Ein erst kürzlich ausgestellter Duplikat-Typenschein sei aus Sicht des Höchstgerichts ein starkes Indiz dafür. Der Käufer müsse daher Verdacht schöpfen und Nachforschung anstellen. Ein gutgläubiger Eigentumserwerb kommt in so einem Fall nicht infrage (OGH 1.9.2021, 3 Ob 91/21k).

Unzulässiger Weiterverkauf

Ein Autohändler hatte im Mai 2014 einen Gebrauchtwagen verkauft und mit dem Käufer einen sogenannten Eigentumsvorbehalt vereinbart. Das Eigentum sollte laut Vertrag erst bei vollständiger Bezahlung des Preises auf den Käufer übertragen werden. Bis dahin behielt sich der Verkäufer auch den Original-Typenschein des Fahrzeugs. Noch bevor der Käufer die Raten abbezahlte, verkaufte dieser das Auto aber an einen Gebrauchtwagenhändler weiter. Von dort ging das Fahrzeug wiederum an einen Kunden.

Da sein eigener Vertragspartner nicht zahlte, verlangte der erste Verkäufer schließlich Schadenersatz vom Gebrauchtwagenhändler. Das Landesgericht Wien und das Oberlandesgericht Wien wiesen die Klage allerdings ab. Der Händler habe gutgläubig Eigentum am Fahrzeug erworben. Der erste Verkäufer könne sich daher nur an seinen eigenen Vertragspartner wenden.

Der Oberste Gerichtshof war in letzter Instanz nun anderer Meinung. Er hob die Urteile der Vorinstanzen auf und verwies das Verfahren zurück ans Landesgericht Wien. Die "Gesamtumstände", vor allem die Vorlage eines bloßen Duplikat-Typenscheins, der erst kurz vor Vertragsabschluss neu ausgestellt wurde, hätten für Misstrauen sorgen müssen. Gerade ein Gebrauchtwagenhändler, der viel Erfahrung mit Autokäufen hat, hätte laut Höchstgericht stutzig werden müssen. Ein gutgläubiger Eigentumserwerb kam daher nicht infrage. (japf, 29.9.2021)