Stein wird seit Jahrtausenden von Menschen als Baumaterial genutzt. In Sachen Nachhaltigkeit sind die Möglichkeiten beim Steinbau aber noch längst nicht ausgeschöpft.

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Seit mindestens 2,6 Millionen Jahren nutzen Menschen Stein für ihre Zwecke. Das vielseitige Material brachte es gar zum Namensgeber für die bisher längste Epoche der Menschheitsentwicklung. Trotz der traditionsreichen Nutzung wohnt dem Steinabbau bis heute Optimierungspotenzial inne.

Wie sich Gewinnung und Verwertung von Naturstein sowohl unter ökonomischen als auch unter ökologischen Gesichtspunkten verbessern lassen, versuchen Forscher der Fachhochschule (FH) Kärnten im Projekt "Cleanstone" herauszufinden.

Im Rahmen des europäischen Interreg-Programms gefördert läuft das Projekt noch ein halbes Jahr und soll die grenzübergreifende Zusammenarbeit zwischen Österreich und Italien in der Natursteinbranche fördern. Partner sind neben den Kärntnern die Universitäten von Udine und Padova, das E.C.O.-Institut für Ökologie aus Klagenfurt sowie der italienische Kunsthandwerksverband Confartigianato Vicenza. Das Gesamtbudget des Projekts beträgt rund 862.000 Euro, 85 Prozent davon steuert der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) als Fördersumme bei.

Stärken und Schwächen

Im Rahmen von Cleanstone werden Stärken und Schwächen der Natursteinbranche in Österreich und Italien analysiert und verglichen. Dahinter steht unter anderem die Beobachtung, dass es trotz des europäischen Binnenmarktes und gemeinschaftlicher Qualitätsvorgaben landesspezifische Regeln gibt, die den grenzüberschreitenden Handel erschweren. "Jedes Land hat eigene Bauvorschriften, die geforderte Qualitäten für Bauprodukte definieren", sagt Projektleiter Martin Schneider von der FH Kärnten. "Diese Ländervorschriften erschweren teilweise den Einsatz in anderen Ländern."

So müssen in Süditalien hergestellte Fliesen beispielsweise nicht auf Frostschutz geprüft werden. Das kann aber gleichzeitig ein Ausschließungsgrund dafür sein, sie in kühleren nördlichen Regionen Europas einzusetzen. Doch auch beim Steinabbau selbst finden die Forscher Ansätze für Verbesserungen. So fällt in Steinbrüchen je nach Gesteinsart und Abbruchtechnik immer Sand in unterschiedlicher Menge und Korngröße an. Bei Hartgesteinssprengungen entstehen viele Feinstsande, für die es in der Bauindustrie nur wenig Bedarf gibt.

Emissionen reduzieren

Aber nicht nur die feinen Sande sind unerwünscht, sondern im Grunde jede Gesteinsgröße, die nicht genau den definierten Vorgaben des abbauenden Unternehmens entspricht. Das lässt sich allerdings nicht völlig vermeiden, da etwa Brecher oder andere Zerkleinerungsmaschinen das Ausgangsmaterial immer zugleich in mehrere Gesteinsgrößen verarbeiten.

Die im Projekt Cleanstone involvierten Unternehmen berichten von bis zu 20 Prozent Bergbauüberschussmaterial. "Da geht es um Tonnen, das sind Riesenmengen", sagt Schneider. "Für deren Abbau hat man Energie eingesetzt, deshalb ist es auch unter dem CO2-Aspekt wünschenswert, das Überschussmaterial sinnvoll zu verwerten."

Die Kärntner haben bereits etliche aussichtsreiche Kandidaten für neue Verwertungsmöglichkeiten identifiziert – etwa als Komponente in der Stützmatrix von ultrahochfestem Beton oder als Beimischung zu Weißzement, aus dem Fliesen hergestellt werden. Untersucht wurde auch die Eignung feinen Bergbauabfalls zur Herstellung von künstlichem Thermosand als Dämmmaterial für Fernwärmeleitungen. "Wir werden am Ende des Projektes die Industrie über die Möglichkeiten informieren", sagt Schneider.

Parallel dazu untersuchen die Projektpartner auch moderne Abbautechnologien, mit denen sich die Überschussmengen reduzieren lassen. Eine weitere Frage ist, ob die entstehenden Sande ökologische Auswirkungen haben, genauer: ob sie die Biodiversität in der Umgebung beeinflussen.

Staub und Artenvielfalt

Da es in vielen Gegenden eine überwiegende Windrichtung gibt, lässt sich untersuchen, ob die Artenvielfalt innerhalb des Staubkorridors eine andere ist als außerhalb. Die vollständige Auswertung der Untersuchungen ist zwar noch nicht abgeschlossen, es zeigt sich aber, dass es erkennbare Unterschiede in der Biodiversität gibt.

"Man sollte heute nur noch mit Produkten bauen, die so wenige Auswirkungen auf die Natur haben wie möglich", sagt Schneider. "Wir können nicht mehr so weitermachen wie bisher." (Raimund Lang, 12.10.2021)