Schafbauer Horst Fletzberger, Rissbegutachterin Gundi Habenicht und ORF-Reporterin Lisa Gadenstätter im Pinzgau in Salzburg.

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Für ihre Reportage ist Lisa Gadenstätter auch im Wolf Science Center in Ernstbrunn unterwegs.

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Um das schwierige Verhältnis zwischen Wolf und Mensch und die verhärteten Fronten zwischen Tierschützern und Bauern geht es Mittwochabend in der "Dok 1"-Reportage "Wölfe: Schießen oder schützen?" um 20.15 Uhr in ORF 1. Lisa Gadenstätter spricht mit Landwirten, deren Schafe von Wölfen gerissen wurden, und trifft sich mit Tierschützern, die die Rückkehr des Wolfes als Sinnbild für eine intakte Natur sehen.

Insgesamt seien mehr als 400 Schafe und andere Nutztiere in Österreich von Wölfen getötet worden, rechnet Gadenstätter vor. Besonders schlimm war es in ihrer Heimat im Pinzgau. In Rauris trifft sie den Bauern Horst Fletzberger, mehr als 50 seiner Schafe seien schon durch Wölfe getötet worden, erzählt er. "Ich kann nicht für die Wölfe meine Schafe opfern. Wir müssen den Wolf entweder verjagen oder erschießen." Man müsse das Problem loswerden, "mehr braucht man dazu nicht sagen".

"Schießen, Schaufeln, Schweigen"

Mit "Loswerden" meinen freilich viele betroffene Bauern, den Wolf zu erschießen, nicht wenige von ihnen befürworten die Drei-S-Regel: "Schießen, Schaufeln, Schweigen". Das ist – bis auf wenige Ausnahmen in Bezug auf sogenannte Problemwölfe – illegal.

Diese Konflikte könne man "nicht mit dem Gewehr lösen", sagt der WWF-Wolfsexperte Christian Pichler, man müsse Lösungen für eine dauerhafte Koexistenz von Wölfen und Nutztierhaltung finden. Den Wolf auszurotten funktioniere in der Praxis nicht und sei auch wahrscheinlich gesellschaftlich nicht gewollt. Für ihn ist der Wolf "Gesundheitspolizei, er hält das Wild fit, kann Krankheiten eindämmen, er hinterlässt wichtige Nahrungsreste für andere Arte im Ökosystem". Wölfe seien somit nicht nur für die Natur, sondern auch für uns Menschen wichtig. Pichler fordert, dass endlich Herdenschutzmaßnahmen finanziert werden.

Gadenstätter ist in ihrer Reportage auch auf dem Truppenübungsplatz Allentsteig unterwegs, dort wurden 2015 die ersten nach Österreich zurückgekehrten Wölfe gesichtet. In diesem Gebiet funktioniere das Miteinander von Mensch und Wolf, aber dort gibt es auch keine Nutztierhaltung.

Kein Grund, Angst zu haben

Was tun, wenn man einem Wolf begegnet? "Freuen und versuchen, ein gutes Foto zu machen", sagt der Wolfsforscher Kurt Kotrschal vom Wolf Science Center im niederösterreichischen Ernstbrunn. Angst müsse man nicht haben, dazu bestehe kein Anlass. Die Begegnung mit einem Wolf sei weit weniger gefährlich als etwa mit einer Bache, die mit ihren Jungen unterwegs ist, oder auch mit einer Kuh auf der Alm.

In Tirol trifft Gadenstätter Sepp Haas auf seiner Alm. Der Bauer nimmt sich kein Blatt vor den Mund. "Wir brauchen den Wolf nicht. Sonst ist mit der Almwirtschaft Feierabend." Seine Forderung an die Politik: "Sofort weg, erschießen, das nutzt nichts." Kotrschal: "Das Erste, was uns einfällt, ist, zur Flinte zu greifen. Das kann es heute nicht mehr sein. Das ist aus der Zeit gefallen. Das können wir uns nicht mehr leisten." Der Mensch sei eine von vielen Arten, die auf der Erde leben, "wir haben uns angewöhnt zu glauben, dass wir das Monopol auf Bewirtschaftung haben. Haben wir nicht." (ae, 29.9.2021)