Gerade wegen der geschwächten Immunantwort ist die Impfung für Krebspatientinnen und -patienten enorm wichtig.

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Krebspatienten sind im Falle einer Corona-Infektion besonders gefährdet. Deshalb ist die Impfung für sie auch besonders empfohlen. Denn die Wahrscheinlichkeit, an einer Infektion zu sterben, liegt je nach Studie zwischen zwölf und 30 Prozent. Und prinzipiell haben die Betroffenen auch eine hohe Bereitschaft, sich impfen zu lassen. "Wir haben das nicht wissenschaftlich ausgewertet, aber ich sehe das bei meinen Patientinnen und Patienten ganz klar", betont Matthias Preusser, Leiter der Klinischen Abteilung für Onkologie an der Med-Uni Wien. Aber es gibt natürlich auch zurückhaltende oder nicht ausreichend informierte Patienten.

Und tatsächlich ist es so, dass man bisher wissenschaftlich gesichert wenig darüber weiß, wie gut Krebsbetroffene auf die Impfung ansprechen. Deshalb ist es umso wichtiger, dass laufend Studien zu dem Thema publiziert werden. Eine wurde jetzt im äußerst renommierten Journal "JAMA Oncology" veröffentlicht. Ein interdisziplinäres Team aus Forscherinnen und Forschern unter der Leitung von Preusser konnte zeigen, wie die Art der Krebstherapie die Immunantwort auf die Corona-Impfung beeinflusst.

Niedrigere Antikörperspiegel bei Krebspatienten

Untersucht wurden die Werte von über 600 Patientinnen und Patienten sowohl mit soliden Tumorerkrankungen als auch mit Blutkrebs. Ihnen gegenüber stand eine Kontrollgruppe, die sich aus gesundem Spitalspersonal zusammensetzte. Bei beiden wurde die Antikörperbildung nach der ersten und der zweiten Impfung untersucht.

Die Ergebnisse zeigten ganz klar, dass die Form der Krebstherapie die Impfantwort beeinflusst. "Die im Vergleich höchsten Antikörperspiegel hatten Patientinnen und Patienten unter zielgerichteter Therapie mit Medikamenten beziehungsweise Injektionen oder Infusionen. Unter Chemotherapie bildeten sich geringere Antikörperlevel aus, und die geringsten Werte hatten Menschen mit Blutkrebserkrankungen, die eine zielgerichtete Therapie gegen bösartige B-Zellen erhalten haben", erläutert Studien-Erstautor Maximilian Mair von der Klinischen Abteilung für Onkologie an der Med-Uni Wien.

Bei hämatologischen Tumoren, die eben das blutbildende System betreffen, also Leukämien und Lymphomen, erhalten die Betroffenen im Normalfall nämlich eine Therapie, die die Bildung von B-Zellen unterdrückt. Das sind aber genau jene Zellen, die Antikörper bilden. Das ist nötig, damit eine potenzielle Chemotherapie überhaupt wirken kann.

Bei dieser Gruppe stellt sich daher die Frage, ob man unter laufender Therapie impfen soll, bzw. wann. In den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie wird eine Impfung erst in einem zeitlichen Abstand von mindestens drei bis sechs Monaten zur letzten Therapie empfohlen. Nach Absprache von Arzt und Patient kann man aber trotzdem impfen. Es gibt nämlich Hinweise, dass manche Menschen, die keine Antikörper bilden, sehr wohl mit der Bildung von T-Zellen, also Gedächtniszellen, reagieren und diese auch eine Immunantwort hervorrufen können. Genauere Studien dazu sind am Laufen. Über eine Impfung unter Therapie wird jeweils individuell entschieden.

Am höchsten – wie auch zu erwarten – waren die Antikörperspiegel bei der gesunden Kontrollgruppe. Unterschiede bei den Antikörperlevels zwischen verschiedenen Impfstoffen konnten nicht nachgewiesen werden, jedoch hatte der Großteil der Teilnehmenden ein mRNA-Vakzin erhalten.

Impfung dringend notwendig

Was leitet man nun daraus ab? Wie auch schon bisher wird die Impfung für Krebspatientinnen und -patienten dringend empfohlen. Onkologe Preusser betont: "Ja, der Impfschutz ist abgeschwächt, aber er ist trotzdem vorhanden. Wir empfehlen darüber hinaus außerdem weitere Schutzmaßnahmen wie regelmäßige Testungen und strenge Hygienemaßnahmen."

Was diese Erkenntnisse für den dritten Stich konkret bedeuten, muss, so Preusser, in weiteren Studien untersucht werden. Die Frage ist, ob Kreuzimpfungen, also etwa ein Vektorimpfstoff, wenn zuvor zwei Stiche mit mRNA-Vakzin verabreicht wurden, den Schutz erhöhen können. Studien dazu laufen derzeit.

So viel ist allerdings schon klar: Personen mit reduzierter Immunantwort werden den Impfbooster demnächst bekommen. Bisherige Erkenntnisse zeigen, dass dadurch der Antikörperspiegel deutlich angehoben wird. Wie lange er dann so bleibt und wie man den Impfschutz für die Betroffenen noch weiter erhöhen kann, das werden begleitende wissenschaftliche Studien eruieren. (Pia Kruckenhauser, 30.9.2021)