Mit viel Druck haben sich alle bewegt, und die größte Pendler-Region mit mehr als der Hälfte der Pendlerinnen und Pendler in Österreich ist auch an Bord auf dem Weg zum Klimaticket.

Foto: Matthias Cremer

Wien – Eigene Regionaltickets aus Papier oder im Scheckkartenformat wird es am Freitag noch nicht geben. Aber der Verkehrsverbund Ostregion (VOR), Österreichs mit Abstand größte Pendlerregion, wird beim Start des Vorverkaufs am 1. Oktober nun doch an Bord sein beim Klimaticket.

Das bestätigt man informell in den drei betroffenen Bundesländern Wien, Niederösterreich und Burgenland. Die Nutzung von Buslinien und Zügen in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland sind damit in der neuen Netzkarte inkludiert. Präsentiert wird die große Lösung zum kleinen Preis am Donnerstag. Bezeichnenderweise im Palais Niederösterreich in der Wiener Herrengasse im ersten Bezirk wollen die drei Landeshauptleute Michael Ludwig (SPÖ), Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Hans Peter Doskozil (SPÖ) in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) die Modalitäten präsentieren.

Regionaltickets

Strittig war bis zuletzt nicht die Architektur des regional und überregional aufgebauten Netzkartensystems, sondern die finanzielle Abgeltung für die zu erwartenden Einnahmenausfälle bei den drei im VOR zusammengeschlossenen Bundesländern. Wie hoch die Wahrscheinlichkeit einzuschätzen ist, die durch Abwanderung von Zeitkartennutzern aus dem VOR hin zum – je nach Entfernung und Strecke – deutlich billigeren österreichweiten Klimaticket entsteht, darüber gingen die Meinungen bis zuletzt auseinander.

Mit einer massiven Verbilligung der Tickets will die grüne Regierungspartei vor allem Werktätige – im Bild der Hauptbahnhof Wien – zur Benützung von Öffis animieren.
Foto: Christian Fischer

Nun steht das System, und es wird, wie am Mittwoch von mehreren Seiten informell bestätigt wurde, aus vier Stufen bestehen: 365 Euro pro Jahr wird unverändert die Stadt Wien beziehungsweise Wiener Linien für ihre bestehende Netzkarte für Bus, Bim und U-Bahn verlangen. Um 550 Euro bekommt man Niederösterreich und Burgenland im Doppelpack als Regionalticket, und um 900 Euro pro Jahr können Fahrgäste in allen drei Bundesländern beliebig oft herumkurven – DER STANDARD berichtete. Obendrauf kommt dann, wie seit Monaten fix ist, ganz Österreich um 1.095 Euro, also das vom Bund orchestrierte Klimaticket für alle öffentlichen Verkehrsmittel in Österreich.

Rabatt für Frühbucher

Für Frühbucher, die bis 31. Oktober zuschlagen, wird das österreichweite Klimaticket statt 1.095 nur 949 Euro kosten, was allein für Pendlerinnen und Pendler zwischen Wiener Neustadt und Wien (inklusive Kernzone) erhebliche Kostenvorteile bedeutet. Eine Jahreskarte auf dieser stark frequentierten Strecke kostet aktuell 1.548 Euro, während das "normale" neue Klimaticket um 1.095 Euro zu haben ist, also um schlanke 453 Euro billiger. Bei Frühbuchung bis 31. Oktober spart man noch einmal, denn der Rabatt steigt auf 599 Euro.

Organisatorisch will man im VOR den kurzfristigen Anschluss an die anderen Bundesländer mit einer Übergangslösung stemmen. Um die Abonnenten bei der Stange und bestehende Kunden von einem Wechsel ins bundesweite Klimaticket für alle Öffis in ganz Österreich abzuhalten, sollen bestehende Strecken- und Netzkarten des VOR in den kommenden Wochen als Klimaticket gelten.

Zeitkarten bis Dezember

Die vollständige Migration mit allen Jahres-, Monats- und Wochenkarten werde nach wie vor für 12. Dezember angepeilt, da ist Winterfahrplanwechsel. Wer bis dahin zu viel gezahlt hat, bekommt die Differenz rückerstattet beziehungsweise gutgeschrieben. Eine Änderung des Einziehungsauftrags bei der Bank sei ebenso wenig notwendig wie die Registrierung auf der neuen Plattform www.klimaticket.at. Dorthin müssten dann nur jene Öffi-Benutzer migrieren, die tatsächlich das österreichweite Ticket erwerben wollen. Ob sich das lohnt, müssen Nutzerinnen und Nutzer individuell entscheiden.

Kopfzerbrechen verursachte die Frage, ob monatlich (per Bankeinzug) bezahlte Regionaltickets teurer sein werden als bei Einmalzahlung. Für den Bund hat sich das Klimaschutzministerium diesbezüglich längst festgelegt: Die Flatrate gilt auch bei Ratenzahlung. Von 1. Oktober bis zum Nationalfeiertag kostet das Klimaticket 949 statt 1.095 Euro. Für unter 26-Jährige und Senioren sind es 699 statt 821 Euro,

Streckenkarten für den Speckgürtel

Beim VOR heißt das Motto seit Wochen: Kein Ticket werde teurer. Deshalb bleiben Streckenkarten erhalten, vor allem im Speckgürtel. Sonst würde Pendeln von Perchtoldsdorf oder von Klosterneuburg nach Wien teurer.

Eine Herausforderung könnte der Erwerb der Klimatickets für jene werden, die nicht im Internet buchen wollen. Denn die ÖBB betreibt nur noch rund 30 Verkaufsstellen in ganz Österreich. (Luise Ungerboeck, 29.9.2021)