Bild nicht mehr verfügbar.

Noch immer wollen tausende Afghanen das Land verlassen.

Foto: AP / Bernat Armangue

Die deutsche Bundesregierung will einem "Spiegel"-Bericht zufolge in den nächsten Wochen hunderte weitere afghanische Ortskräfte und Schutzbedürftige nach Deutschland holen. Das gehe aus einer internen Ankündigung des deutschen Innenministeriums hervor, berichtete das Magazin am Mittwoch. Es werde dem Auswärtigen Amt voraussichtlich möglich sein, in den kommenden zwei Monaten wöchentlich rund 200 Menschen über Pakistan auszufliegen, heißt es demnach in dem Schreiben.

Tausend besonders Schutzbedürftige

Alle betreffenden Menschen stünden entweder auf einer Liste der Ortskräfte oder auf der sogenannten Menschenrechtsliste – eine vom Außenamt geführte Aufstellung von insgesamt tausenden besonders Schutzbedürftigen, die einen Bezug nach Deutschland haben. Sie setzten sich in Afghanistan beispielsweise besonders für die Demokratie ein, etwa im Bereich der Wissenschafts- oder Kunstfreiheit, und sind mit einer deutschen Organisation verbunden. Ebenso zählen afghanische Helfer von deutschen Medienorganisationen zu dieser Kategorie.

Der "Spiegel" berichtete weiters, dass vertrauliche Unterlagen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zeigen würden, wie chaotisch die erste Evakuierungsphase abgelaufen sei. In einer aktuellen Auflistung der Behörde sind demnach 2.804 Menschen erfasst, die über die Luftbrücke nach Deutschland ausgeflogen wurden und zurzeit in den Erstaufnahmeeinrichtungen der Bundesländer registriert sind.

Rund die Hälfte dieser Menschen hätten weder auf der Ortskräfte- noch auf der Menschenrechtsliste gestanden und also auch keine Aufnahmezusage gehabt, berichtete der "Spiegel" weiter. Wie die Menschen es trotzdem so zahlreich in die Flugzeuge schafften, sei unklar. Sie durchlaufen nun in Deutschland ein Asylverfahren.

Taliban vs. "Islamischer Staat"

In Afghanistan kündigte unterdessen die herrschende Taliban-Regierung an, mithilfe von Spezialeinsatzkräften gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) vorzugehen. Die Truppen hätten bereits einige IS-Mitglieder getötet oder gefangengenommen, teilte ein Taliban-Sprecher am Mittwoch mit. Die von den Taliban als "aufrührerische Kraft" bezeichnete Terrormiliz hat demnach in Afghanistan keine Hochburg mehr.

Ziel sei es nun, die "unsichtbare" Präsenz des IS auf null zu reduzieren, hieß es weiter. Die Taliban gaben zunächst nicht bekannt, wo ihre Truppen im Einsatz gewesen sein sollen. Einige lokale Sender berichteten jedoch, dass die Taliban in der Hauptstadt Kabul und in der Provinz Nangarhar Einsätze gegen den IS begonnen hätten. In den vergangenen Wochen hatte sich der IS zu einer Reihe von Angriffen auf die Taliban in östlichen Teilen des Landes, insbesondere in Nangarhar, bekannt. Der IS ist dort seit langem präsent und kämpft gegen die Taliban.

Der lokale IS-Ableger hatte den Angriff auf den Flughafen in Kabul Ende August für sich reklamiert, als Tausende versuchten, das Land zu verlassen. Ein Selbstmordattentäter hatte sich in die Luft gesprengt und dutzende Menschen mit in den Tod gerissen, darunter 13 US-Soldaten und viele Taliban-Kämpfer. (APA, 29.9.2021)