Ex-Familienministerin Christine Aschbacher darf sich weiterhin Magistra nennen.

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Ex-Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) darf ihren 2006 an der FH Wiener Neustadt erlangten Magistertitel behalten. Das bestätigte die FH nach entsprechenden Medienberichten am Mittwochabend in einer Aussendung. Die Untersuchung habe zwar Mängel bei der Einhaltung wissenschaftlicher Standards festgestellt, doch eine Aberkennung des Grades folge daraus mangels gezielter Täuschungsabsicht nicht.

Kein Entzug des Titels, Fall abgeschlossen

Zur Erinnerung: Anfang Jänner dieses Jahres veröffentlichte der Plagiatsjäger Stefan Weber einen Blogeintrag, in dem er der Ministerin "Plagiate, falsche Zitate und mangelnde Deutschkenntnisse" attestierte. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe hat die FH bis Anfang Februar die "Rechtslage und die Begleitumstände" des Jahres 2006 evaluiert. Zudem trat die Fachhochschule im Jänner der Österreichischen Agentur für wissenschaftliche Integrität (ÖAWI) bei. Hochschulen können die Agentur einschalten, um in prominenten Fällen eine externe Prüfung akademischer Vorwürfe zu veranlassen. Das tat die FH Wiener Neustadt auch.

Die ÖAWI hat daraufhin im Frühjahr "externe Gutachten von Fachwissenschaftler*innen" zur Untersuchung von Aschbachers Arbeit beauftragt. Zudem erhielt Aschbacher Gelegenheit, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Die Gutachten und die darauf basierende Einschätzung der ÖAWI-Kommission wurden der FH nach einem mehrere Monate dauernden Prozedere im Spätsommer zugestellt, wie die ÖAWI dem STANDARD am Mittwoch schrieb: "Nach ausführlicher interner Bewertung und Diskussion von Sach- und Rechtslage durch die Kommission der ÖAWI wurde eine abschließende schriftliche Stellungnahme verfasst und an die FH Wiener Neustadt sowie Frau Mag. (FH) Aschbacher übermittelt."

Hinreichende Gründe für die Aberkennung des Titels konnten aus den Befunden der ÖAWI – die sich selbst öffentlich vorerst nicht inhaltlich äußern durfte – nicht abgeleitet werden, wie die FH in ihrer Aussendung mitteilte: Zwar seien "Mängel bei der Einhaltung der Standards guter wissenschaftlicher Praxis" festgestellt worden, doch eine "bewusste und gezielte Täuschungsabsicht" sei nicht erkennbar. Fazit: "Der Widerruf des akademischen Grades ist nicht begründbar". Der Fall sei damit abgeschlossen.

Noch kein Ergebnis zu Seepocken

Die "Krone" berichtet unter Berufung auf Aschbachers Umfeld, dass die Ex-Ministerin nun "sehr erleichtert" sei. In die Politik wolle sie gleichwohl nicht zurückkehren. Wobei zu bedenken ist: Aschbachers Rücktritt im Jänner erfolgte hauptsächlich wegen der Empörung und des Amüsements über die 2020 in der Slowakei eingereichte Doktorarbeit im Fach Industriemanagement, weniger wegen der FH-Diplomarbeit. Die mittlerweile legendären Einlassungen, wonach "Annahmen wie Seepocken" sind, weil sie uns verlangsamen würden, stammen ebenso aus der Doktorarbeit wie absurde Formulierungen à la "Ich werde rollen und tun es" sowie die meisten Plagiatsvorwürfe respektive massiven Textkonkordanzen. Aschbacher betonte auch hierzu, nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt zu haben.

Zu dieser Causa waren am Mittwoch allerdings keine Neuigkeiten in Erfahrung zu bringen. Im August schrieb die TU Bratislava dem STANDARD, dass sie eine neunköpfige Sonderkommission eingerichtet habe, um den Fall zu prüfen. Diese bestehe aus hausinternen Verantwortlichen für das Doktorratsstudium, Professoren anderer Unis sowie ausländischen Experten für Forschungsintegrität. Die Sonderkommission habe wiederum ausländische Experten beauftragt, Gutachten zur wissenschaftlichen Redlichkeit von Aschbachers Forschung samt ihrer Doktorarbeit zu erstellen. Die Gutachten lägen aber noch nicht vor, hieß es im August. Sobald diese eintrudelten, werde die TU Bratislava ihre Schlüsse in der Causa ziehen. (Theo Anders, 29. 9. 2021)