Peter Schröcksnadel, der als ÖSV-Präsident zurücktrat, hat jetzt, so meinen viele, die FIS in seiner Hand.

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Bernie Ecclestone war schon mehrmals VIP-Gast in Kitzbühel.

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Ein Gerücht geht um in Europa – das Gerücht von Plänen zur Neuausrichtung des alpinen Skisports. Es ist nicht zuletzt der Anfang Juni gekürte Präsident des Weltverbands (FIS), Johan Eliasch (59), der dem Gerücht selbst Nahrung gibt. In einem eigenproduzierten Interview sprach der schwedisch-britische Vorstandsvorsitzende und CEO des Sportartikelherstellers Head davon, dass "neue Arbeitsgruppen und Komitees gegründet wurden". Es habe auch bereits Meetings "mit Experten mit unterschiedlichem Background" gegeben.

Am 8. Oktober findet online ein außerordentlicher FIS-Kongress statt, dort sollen endgültig Weichen gestellt werden. Einiges von dem, was kursiert, hat DER STANDARD verifizieren können. Doch just beim größten Namen, der laut mehreren Quellen als künftiger Eliasch-Berater im Gespräch sein soll, ist auf offizieller Ebene allgemeines Sich-bedeckt-Halten angesagt. Es ist der Name Bernie Ecclestone. Die FIS als Organisation gab auf Anfrage dazu dieselbe Auskunft wie FIS-Vizepräsident Peter Schröcksnadel (80) persönlich. "Es wird eine Advisory Group geben", sagt Schröcksnadel dem STANDARD. Mit Ecclestone? "Wer drinnen ist, ist offen. Es werden sicher prominente Leute dabei sein." Auch die FIS schließt Ecclestone in ihrer Antwort nicht aus. Man werde "einige der besten Köpfe in Sachen Sportmarketing und Sponsorship versammeln", die Gruppe setze sich erst zusammen.

Der bald 91-jährige Brite Ecclestone war bis Anfang 2017 Formel-1-Geschäftsführer. Mit dem Skisport verbindet ihn, dass er Stammgast der Hahnenkammrennen in Kitzbühel ist – und dass Schröcksnadel nicht selten mit ihm verglichen wurde. Der Tiroler, manchmal als "Alpen-Ecclestone" tituliert, kam auch von sich aus auf Ecclestone zu sprechen, einmal sagte er, er werde "nicht so lange wie Ecclestone bleiben".

Zu Dank verpflichtet

Mag sein, Schröcksnadel (80) hat sich damit allein auf das ÖSV-Präsidentenamt bezogen, aus dem er heuer nach 31 Jahren schied. Dafür hat er nun, wie man hört, in der FIS das Sagen. Schließlich soll er hauptverantwortlich dafür sein, dass Eliasch zum FIS-Präsidenten gewählt wurde – und nicht der Schweizer Urs Lehmann (52), an dessen Kandidatur auch Schröcksnadel zunächst Gefallen gefunden hatte.

Nicht wenige meinen, dass Lehmann gewählt worden wäre, hätte die Kür 2020 stattgefunden und sich nicht Corona-bedingt um ein Jahr verschoben. Doch dann trat Eliasch auf den Plan. Insider meinen, dass angesichts des Geschäftsmanns mit guten Kontakten speziell nach Asien auch Schröcksnadel bessere Businesschancen witterte – und dass er etliche andere Länder ebenfalls von Lehmann weg und zu Eliasch hinbewegen konnte, was wahlentscheidend gewesen sei.

So gesehen ist es keine Sensation, dass Schröcksnadel von Eliasch als Chef der "Alpine Future Vision Working Group" eingesetzt wird. Der Tiroler will den Zusammenhang weder bestätigen noch abstreiten. "Immer diese Fragen!" Daraus freilich, dass er von Eliasch viel hält, macht Schröcksnadel kein Hehl. "Eliasch hat Visionen." Keine Überraschung wäre es, würden all diese Visionen den alpinen Weltcup in den nächsten Jahren vermehrt nach Asien führen, wo sich dem Skisport – und den Firmen von Schröcksnadel und Eliasch – unter Umständen mehr Möglichkeiten eröffnen als auf dem vergleichsweise schon gesättigten europäischen Markt.

Ein Männerverein

Schröcksnadel ist einer von vier FIS-Vizepräsidenten Eliaschs, insgesamt hat der FIS-Vorstand 16 Mitglieder, unter ihnen eine einzige Frau, die frühere russische Langläuferin Jelene Välbe. Allein die Aktiven sind – durch die frühere US-Freestylerin Hannah Kearney und den finnischen Langläufer Martti Jylhä – geschlechterparitätisch vertreten. Das heuer gewählte Council soll bis 2022 amtieren, dann finden wieder Wahlen statt. Ob sich Schröcksnadel im nächsten Jahr aus dem FIS-Vorstand zurückziehen wird, lässt er offen.

Man kann davon ausgehen, dass der ÖSV mit seinem neuen Präsidenten Karl Schmidhofer (59) nichts dagegen hätte, selbst im FIS-Vorstand vertreten zu sein. Die Skiverbände der Schweiz und Deutschlands wären jedenfalls an einer engeren Kooperation mit dem ÖSV interessiert. In den Nachbarländern hörte und hört man wiederholt, dass Schröcksnadel "immer auch seine Eigeninteressen verfolgt" habe. Die Wahl Eliaschs zum FIS-Präsidenten sei "der letzte und beste Beweis gewesen".

Auf der ÖSV-Homepage findet sich eine Liste der "ÖSV-Vertreter in FIS-Komitees". Neben Schröcksnadel tauchen zwei weitere interessante Namen auf: Peter Mennel (66), der heuer nach 22 Jahren als ÖSV-Finanzreferent abdankte und seit 2010 ÖOC-Generalsekretär ist, firmiert in der FIS als Wirtschaftsprüfer. Und Klaus Leistner, 2020 als ÖSV-Generalsekretär abgetreten, steht als Chairman dem Komitee für Werbeangelegenheiten vor, auch keine unwichtige Funktion. Leistner ist vier Jahre jünger als Schröcksnadel – und sogar 15 Jahre jünger als Bernie Ecclestone. (Fritz Neumann, 30.9.2021)