Österreich ist ein sehr, sehr kleines Land. Jeder kennt jeden, Journalisten, Politikerinnen, Presseleute. Man unterhält sich, tratscht, trinkt Kaffee, Spritzer, Bier. Oft entstehen dadurch Gerüchte, die sich so lange im Kreis drehen, bis die Ursprungsquelle ihre eigene Geschichte von jemand anderem erzählt bekommt – und sich dadurch bestätigt fühlt. Kurzum: Es ist vieles nicht wahr, was kursiert. Oder zumindest nur ein Teil davon. Oder es ist tatsächlich irgendwie so ähnlich, aber eben doch etwas anders.

Viele Gerüchte, die sich seit einiger Zeit herumsprechen, betreffen die ÖVP – oder noch konkreter: Kanzler Sebastian Kurz. Und weil Österreich klein und gesellig ist, haben davon natürlich sofort auch die ÖVP und Kanzler Kurz erfahren.

Gegipfelt hat der Ärger der Türkisen darüber vorerst in einem abstrusen Medienauftritt der ÖVP-Vizegeneralsekretärin. Gaby Schwarz berief eilig die Presse zu sich, um zu erklären, dass Journalistinnen und Journalisten sie ständig auf eine angeblich bald stattfindende Hausdurchsuchung bei der ÖVP ansprechen würden. Deshalb fordert Schwarz nun Aufklärung von nicht näher definierten "verantwortlichen Stellen". Nachsatz: Eine Hausdurchsuchung wäre aber ohnedies sinnlos, weil die ÖVP sowieso alles löscht.

Seither wird noch wilder spekuliert. Wollte die ÖVP ihre eigenen Leute vor künftigen Ermittlungsschritten warnen? Es schließt sich auch der Kreis im Gerüchtekontinuum: Offenbar rechnet ja sogar die ÖVP selbst mit einer Hausdurchsuchung!

Um die Suppe am Köcheln zu halten: Ja, es liegt etwas in der Luft. Der rationale Grund dafür ist, dass im Casinos-Akt – der unter anderem auch die angebliche Falschaussage von Kurz umfasst – einige neue Dokumente von der Akteneinsicht ausgenommen wurden. Offenbar wissen die Ermittler etwas, das der Öffentlichkeit verborgen ist. Noch. (Katharina Mittelstaedt, 29.9.2021)