Was war für Sie die größte Herausforderung seit Beginn der Pandemie?
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"Wie gehen Sie als Herz-Kreislauf-Patientin oder -Patient mit der Pandemie um?", so lautete im Mitreden die Frage an Betroffene aus der STANDARD-Community. Denn für jene aus der Risikogruppe waren die letzten eineinhalb Jahre besonders schwer, die Verunsicherung und das Stresslevel – auch für Angehörige – deutlich höher als sonst. Auf einige der Statements und Fragen aus der Community reagieren hier nun Diana Bonderman, Vorständin der Kardiologie in der Klinik Favoriten, und Emanuela Friese, stellvertretende Leiterin der Covid-19-Intensivstation in der Klinik.

Am Arbeitsplatz

Bonderman: Aus medizinischer Sicht wären Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz ähnlich jenen wie sie in der Gastronomie umgesetzt wurden sinnvoll. Herzrhythmusstörungen sind zumeist Ausdruck einer zugrunde liegenden Herzerkrankung, was ein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf bedeutet. Was können Sie nun tun, um sich zu schützen? Der beste individuelle Schutz ist gegeben, wenn Sie sich impfen lassen. Darüber hinaus ist das Tragen einer FFP2-Maske am Arbeitsplatz sinnvoll. Mit diesen zwei Maßnahmen und allgemeinen Hygienestandards sollten Sie gut geschützt sein.

Wie schützt man sich?

Friese: Da Sie – wenn ich Sie richtig verstehe – bereits gegen Covid-19 geimpft sind, sind Sie zwei Wochen nach erfolgter zweiter Impfung in hohem Maße vor einem schweren Verlauf der Erkrankung geschützt. Die Patienten, die wir auf der Intensivstation wegen Covid-19 behandeln, sind zu 93 Prozent ungeimpfte Patienten.

Kommentare von anderen

Bonderman: Bitte lassen Sie sich nicht verunsichern in Bezug auf die Covid-Impfung. Sie haben richtigerweise Ihr seit 30 Jahren bestehendes Vorhofflimmern ins Spiel gebracht. Vorhofflimmern ist zumeist der Ausdruck einer zugrunde liegenden Herzerkrankung, und Herz und Niere hängen immer zusammen. Als Risikopatient*in für einen schweren Covid-Verlauf ist der beste Schutz für die Gesundheit eine entsprechende Impfung.

Friese: Aus unserer Sicht, war es gerade mit vorbestehender Herzerkrankung (Vorhofflimmern), ganz richtig sich impfen zu lassen. Eine zusätzliche Erkrankung mit Covid-19 wäre in Ihrem Alter lebensbedrohlich.

Verschiebung medizinischer Behandlungen

Friese: Wir können weitere Verzögerungen wichtiger Eingriffe nur reduzieren, wenn sich alle Ungeimpften so rasch als möglich gegen Covid-19 impfen lassen. Damit sinkt die Anzahl der Covid-19-Patienten mit schwerem Krankheitsverlauf, die aktuell in den Intensivstationen betreut werden, sodass wieder Kapazität für geplante Eingriffe in normalem Ausmaß zur Verfügung stehen würde. Wir wünschen Ihrem Mann alles Gute!

Erschüttertes Vertrauen ins System

Bonderman: Ich kann Ihre Verunsicherung gut nachvollziehen. Auch das Gesundheitssystem und jeder einzelne Mitarbeiter im Gesundheitssystem war verunsichert. Niemand war auf ein unvorhersehbares Ereignis wie eine Pandemie vorbereitet. Inzwischen haben wir uns in den Wiener Spitälern und im niedergelassenen Bereich ganz gut darauf eingestellt. Die Gesundheitssystem ist belastet, die Versorgung ist aber in Bezug auf Akutsituationen in vollem Umfang gegeben.

Friese: Auch wir als Ärzte haben uns anfangs einen schnelleren Impffortschritt erhofft. Damals lag das Problem in der Organisation, das ist wahr. Mittlerweile könnten alle, die sich impfen lassen möchten, bereits geimpft sein – das Angebot wird aber nicht wahrgenommen.

Grundnervosität

Friese: Geimpfte Patienten sind in einem hohen Maß vor einem schweren Krankheitsverlauf geschützt. Um Ängste zu minimieren, wäre es eine Möglichkeit eine Antikörper-Bestimmung machen zu lassen. Das ist eine Blutentnahme, die zeigen kann, ob die Impfung zu einer schützenden Immunantwort geführt hat. (Diana Bonderman, Emanuela Friese, 1.10.2021)