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Die Erdbebenexpertin Najla Bouden Romdhane gilt politisch als unbeschriebenes Blatt.

Foto: Slim Abid/Tunisian Presidency/AP

Ihr Antritt steht unter keinem guten Stern. Zwar setzt Najla Bouden Romdhane als erste Premierministerin Tunesiens eine historische Wegmarke; ihre Machtbefugnisse sind jedoch von Beginn an beschränkt.

In Tunesien regiert nämlich Präsident Kais Saied derzeit per Notstandsgesetzgebung. Lange hatten die Tunesier und Tunesierinnen auf einen neuen Premier gewartet. Bereits am 25. Juli hatte Saied nach Massenprotesten die Regierung von Premierminister Hichem Mechichi entlassen und das Parlament aufgelöst. Innerhalb eines Monats hatte er die Neubesetzung versprochen.

Putsch-Vorwurf

Dass er die Regierungsgeschäfte an sich riss und später Teile der neuen Verfassung aushebelte, um sich mehr Machtbefugnisse zuzuschanzen, legte ihm vor allem die stärkste Partei im Parlament – die islamisch-konservative Ennahda – als Putsch aus.

Am Mittwoch endlich gab Saied, ungewöhnlicherweise in einer Videobotschaft, seine Wahl für die Nachbesetzung für das Premiersamt bekannt: Die 63-jährige, in der Öffentlichkeit kaum bekannte Geologin Najla Bouden Romdhane solle "so schnell wie möglich eine Regierung bilden".

Keine politische Partei

1958 in der zentralen tunesischen Provinz Kairouan geboren, gilt die Erdbebenexpertin an der Nationalen Ingenieurschule in Tunis als unbeschriebenes Blatt. Laut der Nachrichtenagentur Anadolu gehört die Wissenschafterin, die in Paris promoviert hat, auch keiner politischen Partei an.

Erst seit einem Jahrzehnt bekleidet Najla Bouden Romdhane auch Ämter in der tunesischen Verwaltung. Vor ihrer Ernennung zur Regierungschefin war sie im Bildungsministerium mit Hochschulreformen und sowie mit der Umsetzung von Programmen der Weltbank befasst. Dass sie nun so plötzlich ins Rampenlicht gedrängt wird, gilt vielen als Zeichen dafür, dass Präsident Saied auch in Zukunft nicht vorhat, Macht abzugeben.

Wenig private Details

Die verheiratete Bouden Romdhane, über die sonst bisher wenig private Details bekannt sind, übernimmt das Amt in einer tiefen politischen und wirtschaftlichen Krise. Tunesien kämpft mit hoher Arbeitslosigkeit und weit verbreiteter Korruption. Auf Letzteres bezieht sich auch die erste Ankündigung der neuen Premierministerin: Sie erklärte auf Twitter, die erste Hauptaufgabe ihrer Regierung sehe sie die Korruptionsbekämpfung. Wie ihr zukünftiges Kabinett formal eingesetzt werden kann, ist dabei noch nicht geklärt – schließlich ist das Parlament nach wie in Zwangspause. (Manuela Honsig-Erlenburg, 30.9.2021)