Diese Geschichte ist spoilerfrei – wer aber gar nicht wissen will, was von "White Lotus" zu erwarten ist, sollte vorsichtig sein.

Was soll schon schieflaufen, wenn der Urlaub im Luxus-Resort auf Hawaii ansteht? Liegen am Pool, Spazieren am Strand, Buffets, wo man sich alles auf den Teller schaufelt, selbst wenn nichts mehr reingeht, und Personal, dass einem alle Wünsche von den Augen abliest. Ein Traum. In der HBO-Serie "White Lotus" verwandelt sich dieser in einen Albtraum sondergleichen. Schuld daran: eingebildete, herrische und unsympathische Urlaubsgäste und Hotelangestellte, die von dem Wohlwollen der Touristen abhängig sind.

Willkommen im White-Lotus-Resort.
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Der Hotelmanager mit dem Magnum-Gedächtnisschnauzer und dem Drogenproblem macht die junge Angestellte schon beim Eintreffen der Gäste darauf aufmerksam, sie möge unsichtbar sein, aber den Gästen immer zu Diensten. Und diese Gäste sind eine Ansammlung von Unsympathlern, die sich gewaschen hat. Dabei sind sie alle auf ihre eigene Art von sich eingenommen und anspruchsvoll und werden auf ihre eigene Art in Konflikte oder Beziehungen mit Angestellten treten, die über das "Einen Kaffee, bitte" und "Ich brauche noch ein Handtuch" hinausgehen.

Da ist die Familie: Sie Chefin eines Tech-Unternehmens mit Aversionen gegen die Me-Too-Bewegung und einem gewissen Problem, eine Work-Life-Balance herzustellen. Er mehr oder weniger Hausmann, der mit unangebrachten Aussagen immer wieder für unangenehme Momente sorgt. Der Teenagersohn ein bisschen seltsam und vor allem gerne alleine mit seinen Pornos. Die Tochter superwoke Studentin, die ihre schwarze Freundin auf den Familientrip mitgebracht hat. Ein Gspusi der Freundin mit einem einheimischen Hotelangestellten wird für die ganze Familie zu einem Drama.

Immer freundlich, immer nett – auch wenn die Gäste es nicht sind.
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Da ist das frisch verheiratete Ehepaar: Er zuckt von Anfang an aus, weil sie nicht in der allerteuersten Suite untergebracht sind, und wird darüber den ganzen Urlaub über in einen Kleinkrieg mit dem Hotelmanager geraten. Sie die Trophäen-Ehefrau, Journalistin mit zu wenig Ambition, irgendwie froh über die viele Kohle des Ehemanns, aber irgendwie auch schon dessen gewahr, dass er einfach ein Ungustl ist und Menschen wie Dreck behandelt.

Da ist die ältere Frau, psychisch am Ende, mit einem massiven Bedürfnis nach Aufmerksamkeit, die Asche der verstorbenen Mutter im Gepäck, die gleich zu Beginn eine Angestellte manipuliert, um doch noch ohne Termin an eine Massage zu kommen.

Die Serie seziert dieses Ungleichgewicht – ein bisschen wie "Downton Abbey", nur mit Sonnenschein und Ananas. Man könnte sagen, dabei bleibt "White Lotus" an der Oberfläche, und zeichnet vor allem das Bild der reichen, weißen Oberschichtgäste sehr genau nach, während die einheimischen Hotelangestellten eher im Hintergrund bleiben.

Hauptsache, das Essen schmeckt.
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Man könnte es aber auch so sehen: "White Lotus" lässt keinen Zweifel daran, dass es eigentlich kein Entkommen aus dem "System" gibt. Es ist ein zutiefst trostloses Ende, in das diese Staffel hineinschlittert. Am Schluss eskaliert wirklich alles – es gibt einen Toten, alle fügen sich ihrem Schicksal. Aber es ist genau die Hoffnungslosigkeit, die diese Serie zu einer bitterbösen, großartigen Satire macht. Statt eines Happy Ends gibt es nur einen Ausblick auf eine zweite Staffel. (Daniela Rom, 1.10.2021)