Die ersten Gesprächsrunden der Grazer Wahlgewinnerin mit den anderen Rathausparteien sind absolviert, am Freitag hat KPÖ-Chefin Elke Kahr nun eine erste Bilanz gezogen: "Die größten Überschneidungen sind mit Grünen und SPÖ erkennbar. Aber das wird niemanden verwundern." Was aber nicht bedeute, dass nicht auch mit den anderen Parteien weitere Detailgespräche geführt werden.
Es gehe um die Etablierung einer neuen Kultur des Respekt und Zusammenhalts im Grazer Rathaus. Auch wenn die FPÖ verdeutlicht habe, dass von ihr außer Oppositionsarbeit nichts zu erwarten sei, würden auch die Freiheitlichen weiter eingebunden bleiben, sagte Kahr. "Auch die FPÖ wird ja ein Ressort zu verantworten haben. Also wird es mit ihr ebenso weitere Informationsgespräche geben. Es geht uns um eine größtmögliche Zusammenarbeit mit allen Parteien im Gemeinderat." So soll es nach Vorstellung Kahrs auch wieder Regierungssitzungen geben, an denen alle Klubobleute teilnehmen. "So, wie es früher war unter dem Altbürgermeister der SPÖ, Alfred Stingl", sagte die KPÖ-Chefin.
Ängste der Wirtschaft
KPÖ-Klubchef Manfred Eber, der in der künftigen Stadtregierung das Finanzressort übernehmen soll, zeigte sich nach den ersten Gesprächsrunden optimistisch, dass die KPÖ "eine tragfähige Mehrheit im Rathaus erreichen" werde. "Einer Bürgermeisterin Elke Kahr steht nichts mehr im Wege", ist Eber überzeugt.
Bei der wichtigen Frage der Ressortaufteilung sollen die Kompetenzen der letzten Jahre die Leitlinie sein, sagte Kahr. ÖVP-Chef Kurt Hohensinner solle etwa mit Sport und Jugend weitermachen, KPÖ- Stadtrat Robert Krotzer möchte unter anderem das Gesundheitsressort behalten, Kahr Soziales und auch wieder Wohnen, das zuletzt die FPÖ verantwortete.
Die genaue Aufteilung soll in den nächsten 14 Tagen zwischen den Parteien besprochen werden.
Gravierende Änderungen
Gravierende Änderungen wird es in der städtischen Holding und bei deren Beteiligungen geben. Hier sollen alle Gemeinderatsparteien künftig in den Aufsichtsräten vertreten sein. "In der letzten Periode waren es nur ÖVP- und FPÖ-Aufsichtsräte, das wollen wir ändern", sagte Kahr.
Eber will noch unterstrichen wissen, dass die vielerorts in der Wirtschaft geäußerten Ängste vor einer KPÖ-Bürgermeisterin unbegründet seien. "Es ist in unserem Interesse, dass Graz ein guter Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort bleibt. Wir werden umgehend mit den Sozialpartnern Gespräche führen. "
Causa Murgg
Die kommenden 14 Tage sind nun jedenfalls für Detailgespräche unter den Parteien reserviert. Danach soll es einen schriftlichen Pakt, ein Arbeitsübereinkommen, geben. Vom ersten Resümee ausgehend, neigt sich das Pendel in Richtung Rot-Grün im Stadtsenat, mit Unterstützung der SPÖ im Gemeinderat.
Natürlich kam in ihrer Pressekonferenz auch die Causa Werner Murgg zur Sprache, der in Belarus ein wohlwollendes Statement im Staats-TV zum dortigen Regime abgegeben hatte. Kahr wiederholte, sie wissen nicht, "welcher Teufel Murgg da geritten hat". Sie und die KPÖ hätten mit diesem Regime "nichts am Hut" und lehnte es ab. Die Koalitionsgespräche in Graz seien vom Fall Murgg nicht tangiert, sagte Kahr.
Unterdessen wurde Murgg in der Leobner Stadtregierung, wo er als Stadtrat fungiert, zum Rücktritt aufgefordert. (Walter Müller, 1.10.2021)