Sechs Monate sollte die turnusmäßige Routine-Sanierung dauern, daraus wurden fast sechs Jahre: Nun kehrt die Gorch Fock, das ikonische Segelschulschiff der deutschen Marine, zurück in ihren Heimathafen in Kiel.

Montagnachmittag soll der 89 Meter lange Großsegler auf seinem angestammten Platz im Kieler Marinestützpunkt festmachen – an der neu benannten Gorch-Fock-Mole, die bis vergangenen Donnerstag noch Tirpitz-Mole hieß. Zwischenzeitlich hatte es schon so ausgesehen, als würde das Schiff aufgegeben und stattdessen ein Neubau ins Auge gefasst. Ursprünglich waren zehn Millionen Euro für die Sanierung veranschlagt worden. Letztlich kostete die Wiederinstandsetzung 135 Millionen Euro.

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Übergabe am vergangenen Donnerstag

Am vergangenen Donnerstag wurde die dreimastige Bark von der Bremer Lürssen-Werft in Wilhelmshaven an die Marine übergeben. Sie lief noch am selben Tag in die Nordsee aus, um zu ihrem Heimathafen Kiel zu fahren. Die letzte Strecke der Heimatfahrt legte die Gorch Fock unter Beisein von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer zurück. Die Ministerin ging in der Eckernförder Bucht nördlich von Kiel an Bord.

Die Gorch Fock wurde im Zuge der Sanierung um mehr als 70 Tonnen abgespeckt. Der Kommandeur Nils Brandt lobte jedenfalls bereits die Fahreigenschaften: "Sie fährt sich sehr gut." Durch die Gewichtseinsparungen hätten sich die Bewegungen im Seegang verbessert: "Sie rollt in der See angenehmer durch und verhält sich letztendlich sehr viel weicher in der Bewegung."

Skandalprojekt

In den vergangenen Jahren standen die skandalösen Umstände der Gorch-Fock-Sanierung symbolisch für das Versagen des Staates in einer Reihe mit dem Chaos bei der Errichtung des Berliner Hauptstadtflughafens BER und den fortgesetzten Problemen der deutschen Flugbereitschaft. In der Lürssen-Werft war die Gorch Fock seit Oktober 2019 wieder aufgebaut worden. Begonnen hatte die Sanierung bereits im Dezember 2015 durch die Elsflether Werft, doch schon bald explodierten die Kosten.

Die Gorch Fock im Juni 2019 in Bremerhaven.
Foto: Reuetrs/Bimmer
Die Gorch Fock im vergangenen Februar im Trockendock der Lürssen-Werft in Berne an der Weser.
Foto: imago images/TheYachtPhoto.com

Die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen erhöhte den Finanzrahmen und deckelte ihn schließlich bei 135 Millionen Euro. Im Februar 2019 meldete die Elsflether Werft Insolvenz an, gegen die Führung laufen Ermittlungen wegen Korruption, Betrug und Untreue. Auch gegen Subunternehmen wird ermittelt.

Gorch Fock I und II

Die Gorch Fock wurde 1958 in Dienst gestellt, sie ersetzte die gleichnamige und weitgehend baugleiche Gorch Fock von 1933. Beide tragen den Namen des deutschen Schriftstellers Gorch Fock, der 1916 in der Skagerrak-Schlacht beim Untergang des Kleinen Kreuzers SMS Wiesbaden ums Leben kam.

Am 21. September unternahm die Gorch Fock ihre zweite Probefahrt vor Wilhelmshaven. Die erste musste zuvor wegen eines Motorschadens abgebrochen werden.
Foto: imago images/Sven Eckelkamp

Die Gorch Fock I war 1945 von der deutschen Besatzung im Strelasund versenkt worden, um zu verhindern, dass sie den anrückenden Russen in die Hände fällt. Als Reparation ging das Schiff an die Sowjetunion, es wurde gehoben, saniert und diente fortan als Segelschulschiff unter dem Namen Towarischtsch. Nach dem Zerfall der Sowjetunion übernahm die Ukraine das Schiff, nach 1999 kehrte es nach Deutschland zurück und liegt seit 2003 als Museumsschiff in Stralsund. (Michael Vosatka, 4.10.2021)

Das "Gorch-Fock-Lied" mit Bildern der ersten Gorch Fock als "Towarischtsch".
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